Rückblick auf die erste Sitzung

Die erste Sitzung ist gut gelaufen. Die Studierenden haben sich auf die neue Didaktik eingelassen und sich an allen Aufgaben beteiligt. Die technischen Probleme hielten sich in Grenzen. Und ich denke, dass ich den Mehrwert des Inverted Classroom klar machen konnte – auch wenn hier erlebbare Lernerfolge sicher überzeugender sind als alles, was ich erzählen kann. Insofern haben mir die Student_innen etwas Kredit eingeräumt, den ich jetzt klug einsetzen muss, um sie kontinuierlich weiter vom Inverted Classroom zu überzeugen.

Ein paar Dinge habe ich auch schon über den Einsatz unseres elektronischen Abstimmungssystems PINGO gelernt:

– PINGO hat Potenzial und ist für die Studierenden sehr intuitiv. Ab der ersten Aufgabe, bei der wir das System eingesetzt haben, gab es für die Student_innen keine Probleme. Anders ist es von Dozierendenseite, wo ich den Umgang mit dem PINGO Remote Client unnötig kompliziert fand – z.B sind die Fragen nicht richtig lesbar, aber man kann das Fenster des Client nicht vergrößern; außerdem wurden die Ergebnisse sehr klein dargestellt, so dass nicht alle Studierenden sie gut lesen konnten.

– Bei Fragen mit Freitextantworten sollten wir uns künftig auf solche beschränken, die sich mit 1-2 Wörtern beantworten lassen. Wie zum Beispiel bei unserer Einstiegsfrage: „Welche aktuellen Themen der Internationalen Beziehungen sind Ihnen bekannt?“ Die eingehenden Stichworte wie Syrien, Ukraine oder Ebola ließen sich dann als Tagcloud oder Liste darstellen.

– Keine Definitionsfragen stellen. Das war didaktisch gar nicht so falsch, da die Student_innen ohne Vorbereitung zur Sitzung gekommen waren, und wir sie deshalb in kleinen Gruppen über die Bedeutung von Begriffen wie Außenpolitik, internationale Beziehungen und Global Governance diskutieren lassen wollten. Die Qualität der Antworten war insgesamt überraschend gut, nur hatte eine Gruppe einfach eine Definition aus dem Netz kopiert. Künftig werden wir solche Fragen aber eher vermeiden, weil sie eher das Auswändiglernen von Begriffen testen. Auch Auswertung und Feedback waren sehr schwierig, weil für jeden Begriff 4-8 unterschiedliche und teils recht komplexe Definitionen genannt wurden. Um die verschiedenen Antworten ordentlich miteinander zu vergleichen und daraus eine weiterführende Diskussion zu machen, hatten wir aber deutlich zu wenig Zeit.

– Keine unterschiedlichen Fragen für unterschiedliche Arbeitsgruppen. Bei der Planung hatten wir gedacht, dass wir vier Aufgaben stellen und jede Gruppe an einer Aufgabe arbeitet und am Ende der Arbeitsphase die Antworten auf alle Fragen parallel eingegeben werden können. Leider kann in PINGO immer nur eine Frage gleichzeitig offen sein, so dass wir die Fragen einzeln öffnen und beantworten lassen mussten. Infolgedessen zog sich das etwas, weil es mehrere Unterbrechungen gab, während ein neuer Satz Antworten eingegeben wurde.

– Interessant war die subtile Dissidenz einiger Student_innen, die auf die Aufgabe „Vervollständigen Sie folgenden Satz: Außenpolitik kann definiert werden als…“ die Antwort „Kekse“ gab. Auf meine Nachfrage, was Außenpolitik mit Keksen zu tun habe, wollte sich niemand äußern, insofern sehe ich das als ein symbolisches Austesten von Grenzen. Als jemand, der sich mit Herrschaft und Widerstand beschäftigt, hätte ich so eine Reaktion eigentlich erwarten können. Das ist auch kein Problem, solange sich die albernen Antworten auf „Kekse“-Niveau bewegen, wirft aber einen Schwachpunkt von PINGO auf, nämlich dass es die Ergebnisse ungefiltert anzeigt. Andere Abstimmungssysteme ermöglichen es den Lehrenden, die Ergebnisse als Preview zu sehen, in PINGO springt das Ergebnisfenster direkt auf.

Wir werden diese Erfahrungen bei der Planung der kommenden Sitzungen berücksichtigen. Spannend wird es diese Woche, weil die Studierenden dann erstmals eine vollständige Lerneinheit aus Vorbereitungs- und Präsenzphase durchlaufen.

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