Simulationen und Planspiele

Neben dem Inverted Classroom gibt es noch ein weiteres didaktisches Instrument, das ich gerne nutze: die Simulation bzw. das Planspiel (ich kann mir den Unterschied zwischen beiden einfach nicht merken, deshalb tue ich einfach so, als würden diese Begriffe dasselbe bezeichnen).

Ich mag Simulationen deshalb so gern, weil sie einen viel umfassenderen Umgang mit komplexen Situationen erlauben als die abstrakte Diskussion oder Erläuterung eines Themas. Intuition und Bauchgefühl – sehr wichtige Helfer bei schwierigen Entscheidungen – kommen hier ebenfalls zum Tragen und ergänzen die rein intellektuelle Auseinandersetzung mit einem Thema. Außerdem braucht das Spiel noch weitere Kompetenzen, z.B. Verhandeln, Menschenkenntnis, Überzeugen, die für Politikwissenschaftler_innen wichtig sind, die sich aber ohne Anwendung kaum vermitteln lassen.

Deshalb bevorzuge ich solche Spiele, in denen es klare Mechanismen gibt, über die man rationale Strategien entwickeln kann, die aber sehr viel Interaktion zwischen den Spieler_innen erfordern. Viele meiner Spiele enthalten deshalb einen Kern aus der klassischen Spieltheorie, z.B. Ultimatumspiele oder free-riding-Probleme. Gleichzeitig sind diese Mechanismen unter einer dicken Schicht von Beschreibung und world-building verborgen. Abgesehen davon, dass dieses „Eintauchen“ in die Spielwelt einen guten Teil der Faszination ausmacht, erhöht es auch die Komplexität und Realitätsnähe der Spiele.

Zwei selbst entwickelte Spiele habe ich schon öfter eingesetzt. Das erste ist eine Simulation eines Peacebuilding-Prozesses in einem fiktiven Land, bei der Studierende die verschiedenen internen und externen Stakeholder spielen und die Gestaltung des Friedensprozesses aushandeln. Das zweite rekonstruiert den historischen Fall der Militärintervention in Mali im Jahr 2012. Hier stellen die Spieler die Diskussionen im UN-Sicherheitsrat, in der Wirtschaftsgemeinschaft westafrikanischer Staaten (ECOWAS) sowie in Mali nach, um auf diese Weise die mit einer Intervention verbundenen Koordinations- und Kooperationsprobleme kennenzulernen.

Beide Spiele verwende ich dieses Jahr in einem meiner Seminare zur Einführung in die Friedens- und Konfliktforschung. Sie passen inhaltlich und didaktisch gut in das Seminarkonzept, aber für meine Entscheidung wichtiger war, dass ich dieses Seminar als vierstündige Veranstaltung anbiete. Erst dadurch habe ich genügend Zeit, um beide Planspiele zu erklären, durchzuführen und nachzubereiten. Gerade letzteres ist ein wichtiger Teil des Spiels, didaktisch vielleicht sogar der wichtigste, deshalb sollte dafür unbedingt genug Zeit vorhanden sein. Gleichzeitig ist es ein schwieriger Teil, bei dem ich selbst noch viel dazulernen muss. Leider gibt die Literatur oft nur wenig Anleitung, wie man das Debriefing gut hinbekommt und die Studierenden zum Nachdenken über ihr Verhalten und den Verlauf des Planspiels bringt.

Wer mehr über Simulationen in der Politikwissenschaft lernen möchte, den verweise ich auf Rex Brynens Blog PaxSims, die Arbeit von Simon Usherwood sowie die International Political Education Database. Wenn jemand mehr über meine Planspiele wissen möchte, bitte einen Kommentar hinterlassen.

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