Digitale Studien- und Prüfungsleistungen

Dies ist ein Beitrag von Kai-Uwe Schnapp (Universität Hamburg).

Hört man den Begriff Onlineprüfung, dann denkt man zunächst an stupide Single- oder Multiple-Choice-Fragen, mit denen allenfalls Faktenwissen geprüft werden kann. Klug eingesetzt können solche Tests jedoch sehr viel mehr sein und Lehr-Lern-Prozesse sinnvoll ergänzen. Das gilt vor allem dann, wenn eine solche Prüfung durch geeignete Frageinhalte und -formate die Studierenden zur Wissenserweiterung im Prüfungsprozess anregt. In diesem Sinne nutze ich Onlinetests auch, um Studierende etwa zur Auseinandersetzung mit ergänzender Literatur zu „drängen“ oder ihnen Webseiten nahe zu bringen, die für das Studium relevant sind. So gibt es zu einer Methodenvorlesung Fragen, die ohne Nutzung des Messinstrumentenrepositoriums der GESIS nicht beantwortet werden können, andere sind ohne den Griff zum Buch nicht beantwortbar. Das Ziel dieser Art von Fragen ist nicht die Abfrage des jeweiligen Wissens, sondern das Anregen zur Auseinandersetzung mit für das Studium wichtigen Quellen. Die Prüfungssituation wird dadurch explizit zur Fortsetzung des Lern- und Auseinandersetzungsprozesses genutzt.

Was macht eine gute Onlineprüfung als aus? Sie braucht Fragen, die 1) die Erreichung der gesetzten Lernziele prüfen, 2) unterschiedliche Denkstufen abdecken, 3) die gewünschten Arbeitsschritte, etwa den Besuch einer Webseite oder das Nachlesen in einem Text notwendig machen, 4) die technisch verfügbare Palette an Frageformaten ausnutzen, und 5) die Ressourcen zur Überprüfung der Antworten nicht überfordern. Eine gute didaktische Qualität wird erreicht, wenn Lehrende sich genau überlegen, was sie prüfen und daher fragen wollen. Sie müssen sich also über den abzufragenden Inhalt, den jeweils geeigneten Fragentyp und die zu erreichende Punktezahl Gedanken machen. Die einzelnen Fragen sollen möglichst unterschiedliche Schwierigkeitsgrade aufweisen, die Fragentypen sollen variieren. Idealerweise kooperieren Lehrende bei der Entwicklung solcher Tests.

Rechtlich sind Onlinetests nach wie vor ein unsicheres Terrain. Bei ihrer Nutzung sollte daher in jedem Falle die Rechtsinterpretation der eigenen Hochschule beachtet werden. Ein unbedingtes Muss ist die Einhaltung des auch sonst bei Prüfungen üblichen Vieraugenprinzips. Dies wird bei Onlinetests dadurch sichergestellt, dass Fragen, Antwortoptionen und richtige Antworten sowie die Punktvergaben von einer Lehrperson entworfen und dann von einer zweiten Person geprüft werden. Hier wird Kooperation der Lehrenden bei der Testentwicklung sogar rechtlich erzwungen.

Führen Studierende einer großen Studiengruppe, also etwa einer Vorlesung, Onlinetests ohne Aufsicht am heimischen PC/Laptop durch, stellt sich die Frage, wie die Autoreninnenschaft der Antworten gesichert werden kann. Der erste technische Schritt ist das randomisierte Vorlegen der Antwortoptionen einer Frage, die von den meisten Testsystemen unterstützt wird. Die einfache Weitergabe der Nummer der richtigen Antwortoption wird so unterbunden. Hat man einen großen Fragenpool, dann kann dieser genutzt werden, um vom Testsystem individuelle Tests zusammenstellen zu lassen, die für jede Studierende anders aussehen. Das einfache Abschreiben von „Musterlösungen“ wird so effektiv unterbunden. Und was kann man tun, wenn Studierende sich diesen Vorkehrungen zum Trotz bei der Bearbeitung der Tests wechselseitig beraten? Aus meiner Sicht stellt das vor allem dann kein Problem dar, wenn der Test als unbenotete Leistung vorgenommen wird. Versteht man Prüfen jetzt als Teil des Lernprozesses und nicht ausschließlich als „Assessment“, kann eine solche Kooperation m.E. sogar als produktiv angesehen werden.

Welche Ressourcen werden für die erfolgreiche Implementation von Onlinetests benötigt? Es bedarf eines E-Learning-Systems, das Onlinetests zur Verfügung stellt und das möglichst im Besitz der eigenen Hochschule ist. Idealerweise wird das System an der Hochschule bereits breit genutzt, das senkt die Hürden für die Studierenden. Für Lehrende senken sich die Hürden, wenn es erfahrene Kolleginnen oder eine gute Unterstützung durch E-Learning-Büros oder vergleichbare Einrichtungen gibt. In jedem Falle benötigt man für die Umsetzung von Onlinetests ausreichend Hilfskraftstunden. Die Zahl der benötigten Stunden sinkt bei der wiederholten Durchführung eines Tests, geht aber nicht auf Null. Jeder Durchlauf benötigt seine eigenen Personalressourcen.

So entwickelt und eingesetzt sind Onlinetests ein weiteres wertvolles Instrument im didaktischen Werkzeugkoffer. Die zu überwindenden technischen Hürden sind angesichts weit entwickelter E-Learning-Systeme heute nicht mehr groß. Das gilt umso mehr, wenn an der eigenen Hochschule ein Mindestmaß an technischer Unterstützung gegeben ist.

Dieser Artikel ist Teil der Blogserie „Bausteine digitaler Hochschullehre in der Politikwissenschaft“.

Ein Gedanke zu „Digitale Studien- und Prüfungsleistungen

  1. Pingback: Blogserie „Bausteine digitaler Hochschullehre in der Politikwissenschaft“ | Arbeitskreis Hochschullehre der DVPW

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert