Zoom-Workshop „Take Home Exams als alternative Prüfungsformen in der Politikwissenschaft“ (4. Mai)

Einladung zum Zoom-Workshop des AK Hochschullehre
„Take Home Exams als alternative Prüfungsformen in der Politikwissenschaft“

Dienstag, 4. Mai, 18 Uhr

Die Verlagerung der Lehre in den Online-Betrieb hat erhebliche Auswirkungen auf den Prüfungsbetrieb der Politikwissenschaft. Waren an vielen Standorten vor der Pandemie Präsenzklausuren im Hörsaal Goldstandard bei der Prüfung großer Lerngruppen, stehen viele Lehrende nun vor der Herausforderung, Alternativen zu entwickeln. Neben Online-Klausuren rücken dabei sogenannte Take Home Exams in den Fokus, bei denen Studierende Prüfungsaufgaben gestellt bekommen, die sie zu Hause unter Einsatz von Literatur, Internet und eignen Aufzeichnungen in einem vorgegebenen Zeitraum bearbeiten.

In seinem Zoom-Workshop thematisiert der AK Hochschullehre Möglichkeiten und Grenzen von Take Home Exams und illustriert Einsatzmöglichkeiten in der Politikwissenschaft. Referentin des Abends ist Dana Atzpodien (WWU Münster), die in einem kurzen Input-Referat das Prüfungskonzept vorstellt, über ihre eigenen Erfahrungen damit berichtet und anschließend mit den Teilnehmenden diskutiert.

Der Workshop dauert eine Stunde, wird aufgezeichnet und später im Internetangebot der DVPW dokumentiert.

Die Zugangsdaten zum Meetingraum lauten:

https://wwu.zoom.us/j/68558520800?pwd=N2psQk84NjgyRDdyQkphZU1VVHdKUT09

Meeting-ID: 685 5852 0800
Kenncode: 897592

Feedback produktiv nutzen

Dies ist ein Gastbeitrag von Achim Kemmerling (Universität Erfurt)

 

Feedback an Studierende ist eines der wichtigsten didaktischen Werkzeuge im Unterrichtsbetrieb. Interessanterweise lernt man als Sozialwissenschaftler*in, dass das Konzept des Feedbacks ursprünglich aus der Kybernetik stammt und dann ein essentieller Bestandteil des Lernens in der Systemtheorie und in der Gruppenpädagogik geworden ist. In der Lehrpraxis spielt jedoch der Gruppen- bzw. Systemgedanke häufig eine eher untergeordnete Rolle. Dadurch verschenkt man meines Erachtens aber Potential, Feedback produktiv zu nutzen.

Generell kann Feedback dazu dienen, a) Lerneffekte zu erzielen, oder b) Benotungen zu begründen. Diese Unterscheidung kennt die Pädagogik und Evaluationstheorie als formative oder als summative Form der Evaluierung. Formativ ist Feedback v.a. dann, wenn es im laufenden Verfahren, beispielsweise einer Lehrveranstaltung, eingebaut wird, um dadurch konkrete Lernfortschritte zu erzielen. Summatives Feedback erfolgt meist nach einer erbrachten Leistung im Vergleich zur Zielgröße, beispielsweise des Erwartungshorizontes einer/s Lehrenden. Beide Funktionen werden in der Praxis häufig gemischt, das kann aber auch zu Widersprüchen führen. Beispielsweise spielen bei der (summativen) Benotung von Prüfungsleistungen auch strategische Aspekte eine Rolle: Wie legitimiere ich meine Bewertung, wie minimiere ich negative Reaktionen? Im Vergleich dazu können formative Feedbacks eher frei und offen sein.

Ein weiterer Nachteil von Feedback zur Benotung ist, dass es sehr spät kommt und oft folgenlos ist. Gerade wenn Feedback am Ende des Kurses erfolgt, nehmen es Studierende vielleicht nur noch halbherzig zur Kenntnis. Kurse im nächsten Semester sind anders strukturiert, Feedback verpufft. Noch schlimmer ist es, wenn Feedback zur Benotung emotionale Reaktionen hervorruft, zum Beispiel, wenn Studierende enttäuscht sind. Das kann Lerneffekte blockieren.

Für mich ist jedoch ein letzter Nachteil von Feedback zur Benotung ausschlaggebend: Es wird zumeist individuell gegeben. Peer-to-Peer-Verfahren sind da zum Teil anders, aber auch solche Verfahren stellen nicht notwendigerweise die Gruppe im Gegensatz zum Individuum in den Vordergrund. So gesehen hat Feedback selten systemische Wirkung. Das muss nicht immer schlecht sein: Individuelles Feedback ist natürlich ein Zeichen für individuelle Wertschätzung und daher an einer modernen Massenuniversität auch ein Zeichen der persönlichen Anerkennung. Aber gerade das macht es auch so aufwendig. Die Gruppe profitiert davon in der Regel nicht.

In meiner Lehrpraxis versuche ich daher immer durch Feedback die Lerneffekte für die ganze Gruppe zu erhöhen. Erstens sollte Feedback in den Lehrveranstaltungen möglichst früh erfolgen, zum Beispiel unmittelbar im Anschluss an Präsentationen, oder nach dem Einreichen von schriftlichen Arbeiten. Aber es geht auch noch früher, wenn die/der Adressat*in des Feedbacks die Gruppe und nicht (nur) das Individuum ist. Daher kann es zweitens, wesentlich effizienter sein, Feedback in der Gruppe zu geben. Das führt dazu, dass Feedback nicht nur für die/den jeweilige(n) Leistungserbringer*in lehrreich ist, sondern für alle Kursteilnehmer*innen.

Um ein praktisches Beispiel zu geben: Wenn alle Seminarteilnehmer*innen unmittelbar nach Präsentationen oder Diskussionsleitungen Feedback geben, profitieren alle davon und die Qualität zukünftiger Präsentationen und Diskussionsleitungen wird in der Regel besser. Außerdem entfällt dann häufig auch schon die intensive Einzelberatung vor den Präsentationen sowie das intensive (summative) Einzelfeedback nach den Präsentationen. Als Kursleiter fand ich es immer frustrierend, dieselbe Information jedes Mal wieder geben zu müssen. Durch Feedback in der Gruppe reduziert sich dieser Aufwand erheblich.

Wenn man ein solches Feedback gibt, müssen die Seminarleiter*innen natürlich vorher darüber informieren, in welcher Form Feedback gegeben werden sollte. Der Nachteil des öffentlichen Peer-to-Peer-Verfahrens ist, dass dadurch die Privatsphäre verletzt wird. Daher sollte ein solches Feedback immer konstruktiv sein und v.a. formativen Charakter haben. Zudem sind Etiketten und Regeln sehr wichtig, etwa das ‚Sandwich-Prinzip‘: Lob – Kritik – konstruktive (wohlmeinende) Vorschläge. Dabei beginnt Feedback am besten immer mit einem Lob, bevor Kritik oder Verbesserungsvorschläge gemacht werden. Idealerweise wird das Verfahren schon vorher im Syllabus erklärt und eine Etikett-Liste verteilt. Dieses Verfahren funktioniert meiner Erfahrung nach sehr gut. In keiner meiner Lehrveranstaltungen ist es bisher (meines Wissens nach) zu Konfrontationen oder negativen Auseinandersetzungen aufgrund solcher Gruppen-Feedbacks gekommen.

Auch ein solches Feedback-Verfahren kann Nachteile haben. Beispielsweise gibt es u.U. stärkere Pfadabhängigkeiten. Wenn ein Präsentationsstil oder -element in einer der ersten Sitzungen besonders positiv hervorgehoben wird, kann das dazu führen, dass alle nachfolgenden Präsentationen dieses Verfahren kopieren. Das ist bis zu einem gewissen Maße beabsichtigt, aber es kann auch über das Ziel hinausschießen und die Studierenden davon abhalten, sich eigene Gedanken zu machen. Solche Probleme sind jedoch relativ leicht zu beheben, zum Beispiel, indem man auf Abwechslungsreichtum in Präsentationstechniken hinweist. Auch können Studierende sehr zurückhaltend sein, was Kritik an ihren Kolleg*innen anbetrifft. Aber da kann der oder die Dozierende aktiv gegensteuern und Etikette-Regeln tragen ihr Übriges dazu bei, dass sich Studierende trauen, auch kritisches Peer-to-Peer Feedback zu geben.

Die Idee, Feedback möglichst früh und möglichst in der Gruppe zu geben bzw. zu bekommen, eignet sich auch für schriftliche Arbeiten, wie z.B. Hausarbeiten. Hierbei ist es vorteilhaft, ein Revise & Resubmit einzuführen: Die Arbeiten (oder Skizzen) werden eingereicht und im Kurs diskutiert. Dieses Feedback können die Studierenden dann in der finalen Version der Hausarbeit aufgreifen. Auch hier kann sich der Mehraufwand des (formativen) Feedbacks für Lerneffekte lohnen, indem der Aufwand für summatives (Benotungs-)Feedback reduziert wird und v.a. ein höheres Lernergebnis erzielt wird.

Ein solches Verfahren ist insgesamt natürlich sehr aufwändig, da man als Kursleiter*in alle Arbeiten zweimal lesen und kommentieren muss. Auch die Studierenden sollten idealerweise mehrere oder alle Essays der ersten Runde lesen. Dennoch kann sich bei kleineren und mittelgroßen Kursen dieser Aufwand lohnen. Im Zweifel würde ich lieber andere Teilnoten/Prüfungsleistungen weglassen, um eine Seminararbeit als Revise & Resubmit anlegen zu können.

Daran knüpft sich die Frage, ob sich solche formativen Feedbacks auch für größere Kurse oder sogar Vorlesungen eignen. Prinzipiell geht das, wie MOOCs (Massive Open Online Courses) zeigen. Feedback wird dort Peer-to-Peer z.B. in Forendiskussionen durchgeführt. Supervisiertes Feedback durch die/den Kursleiter*in ist dann natürlich schwierig, wenn die Teilnehmerzahl zu hoch ist. Aber bei entsprechender Anleitung, wie das Verfahren läuft, nach welchen Kriterien evaluiert werden soll und welche Etikett-Regeln gelten, können Feedbacks auch Peer-to-Peer dezentralisiert erfolgen.

Ein weiterer Vorteil von frühzeitigem, detailliertem und gruppenorientiertem Feedback ist, dass diese als Grundlage oder sogar als Ersatz für das Feedback zur finalen Benotung dienen können. Mit der Zeit habe ich gelernt wie man Feedback so schreibt, dass die Studierenden etwas Konstruktives daraus mitnehmen und nicht gleich in eine Abwehrhaltung verfallen, die zu endlosen Nachfragen oder sogar Beschwerden über (Teil-)Noten führen. Beispielsweise sollte Kritik immer mit Textstellen und Beispielen belegt werden. Pauschale Kritik ist für Studierende schwieriger nachzuvollziehen. Am Ende füge ich auch immer konstruktive Vorschläge ein, wie die Arbeit noch verbessert werden könnte. Das ist zwar de facto nicht mehr relevant, weil die Studierenden die Kommentare für diese Arbeit nicht mehr gebrauchen können. Aber sie bekommen eine Idee davon, welche Fehler sie in Zukunft vermeiden können. Zudem endet das Feedback auf eine positive Weise.

Zugegebenermaßen ist das Geben summativen Feedbacks eher eine Kunst als eine Technik. Aber auch für Feedback zur Benotung ist es hilfreich, wenn die Einschätzung auch von anderen Studierenden geteilt wird und die Sandwich-Regeln eingehalten werden. Dies führt zu einer enormen Zeitersparnis und zu einer Entlastung in der Korrespondenz.

Insgesamt ist Feedback zu Lernzwecken daher keineswegs nur ein Mehraufwand für Dozierende. Richtig eingesetzt, kann es für alle Beteiligten produktiv eingesetzt werden.

Wem nutzt die Politikwissenschaft? – Sonderheft POLITIKUM zur 1. DVPW-Thementagung erschienen

Im Dezember 2019 war der Arbeitskreis Hochschullehre gemeinsam mit vier weiteren DVPW-Untergliederungen Ausrichter der 1. DVPW-Thementagung in Frankfurt am Main. Drei Tage lang diskutierten wir intensiv zum Thema „Wie relevant ist die Politikwissenschaft? Wissenstransfer und gesellschaftliche Wirkung von Forschung und Lehre“.

Nun ist in der Zeitschrift POLITIKUM des Frankfurter Wochenschau Verlages unter dem Titel „Wem nutzt die Politikwissenschaft?“ ein Sonderheft zum Thema erschienen, bei dem unsere Sprecherin Julia Reuschenbach als Gastherausgeberin fungierte.
Wissenschaftler*innen und Expert*innen geben in Beiträgen und Interviews spannende Einblicke aus den verschiedenen Teildisziplinen.  –> Neugierig? Eine Leseprobe gibt es unter: http://daten.wochenschau-verlag.de/download/PkS_20_Leseprobe_Korte.pdf und das Heft für Studierende sogar zum Vorzugspreis unter https://politikum.org/studium/.

Alle Infos unter: https://politikum.org/heftbestellung/

Und zum Nachschauen sind unter https://video01.uni-frankfurt.de/Mediasite/Showcase/events/Channel/dvpw die Mitschnitte der Frankfurter Tagung abrufbar.

Bausteine digitaler Hochschullehre in der Politikwissenschaft – Ein Interview mit Daniel Lambach

Der neueste Band in der Kleinen Reihe Hochschuldidaktik Politik befasst sich mit dem gerade hochaktuellen Thema digitaler Lehre. Anders als seine Vorgänger ist dies ein Sammelband mit insgesamt neun Artikeln, dazu noch einmal fünf Kurzporträts digitaler Werkzeuge. Wir haben mit dem Herausgeber Daniel Lambach (Universität Frankfurt) über dieses Projekt gesprochen.

 

1) Worum geht es in diesem Buch?

Es geht um digitale Lehre in all ihren Facetten. Jetzt wo das Wintersemester 2020/21 an den meisten Hochschulen wieder nahezu komplett digital stattfindet, kann man dem Thema aktuell kaum ausweichen, auch wenn Lehrende und Studierende inzwischen schon auf ihre Erfahrungen aus dem Sommersemester zurückgreifen können.

Der Sammelband ging aus einer Reihe von Online-Workshops hervor, die der AK Hochschullehre im April und Mai 2020 für die DVPW organisiert hatte. Die Resonanz auf die Workshops war einhellig sehr gut – offenbar sahen und sehen Lehrende einen großen Bedarf, sich für digitale Lehre weiterzuqualifizieren und sich darüber auszutauschen. Dem wollten wir mit dem Sammelband entgegenkommen und so dient das Buch dazu, Ideen zu dokumentieren, Praxistipps zu geben und über erste Erfahrungen zu reflektieren. Die Texte sind kurz und  anwendungsorientiert formuliert, damit Leserinnen und Leser es leicht haben, Hinweise zu finden, die ihnen bei ihrer Lehre weiterhelfen.

 

2) Warum ist das Thema für die politikwissenschaftliche Hochschullehre wichtig?

Ich möchte die Bedeutung der digitalen Lehre gar nicht auf Corona verengen, aber es natürlich klar, dass wir uns vor allem wegen der Pandemie darüber unterhalten. Aber ich bin fest überzeugt, dass digitale Lehrelemente auch nach Abklingen der Krankheitswelle ein alltäglicherer Bestandteil unserer Lehre bleiben werden. Viele Lehrende machen gerade gezwungenermaßen Erfahrungen mit digitalen Lehrmethoden und sicher werden manche einige Aspekte davon beibehalten, die auch unter normalen Umständen Mehrwert versprechen.

Ich will damit aber gar nicht suggerieren, dass wir uns erst jetzt mit der digitalen Lehre befassen sollte. Der Zug fährt schon seit zwei Jahrzehnten und die deutsche Politikwissenschaft ist, wie auch viele andere Fächer, bislang ziemlich strukturkonservativ diesbezüglich gewesen. Bisher ist digitale Lehre oft nur als didaktisches Element einzelner Lehrender angesehen worden, die sich in Eigeninitiative darum kümmern. Da ist noch viel Potenzial, digitale Lehre umfassender zu sehen, z.B. indem (teil-)digitalisierte Curricula entwickelt werden, man über digitale Selbstlernangebote nachdenkt, oder wir als Fach uns mal ernsthaft mit Open Educational Resources befassen.

All dies kann so ein kleiner Sammelband natürlich nicht leisten, aber ich denke, dass wir jetzt gerade eine Chance haben, der digitalen Lehre in der Politikwissenschaft einen wichtigen Schub zu geben, damit man sich auch mal den großen Fragen zuwendet.

 

3) Wer sollte dieses Buch lesen?

Das Buch ist für jeden und jede, der oder die in der Politikwissenschaft (und darüber hinaus) digital lehrt, ob jetzt unter den erschwerten Bedingungen der „Corona-Semester“ oder auch in Zukunft. Es soll vor allem denjenigen helfen, die über die Grundlagen ihrer Lehre nachdenken wollen und nach neuen Anregungen suchen, ganz gleich ob Professorin, Lehrbeauftragte oder Doktorandin.

Außerdem soll es ein bisschen eine Zeitkapsel sein, die unser Denken über digitale Lehre zum Stand 2020 dokumentiert. Ich gehe davon aus, dass sich die entsprechenden Konzepte und Praktiken weiterentwickeln werden. Da kann der Sammelband einen Anstoß geben und vielleicht auch ein historisches Referenzdokument sein, auf das man in fünf oder zehn Jahren nochmal zurückblicken kann.

 

Das Buch ist erhältlich über https://wochenschau-verlag.de/Bausteine-digitaler-Hochschullehre-in-der-Politikwissenschaft/41186 und bei allen Buchhandlungen.

Web Based Trainings als Teil einer Online-Lernumgebung

Dies ist ein Beitrag von Benedikt Philipp Kleer und Simone Abendschön (beide Universität Gießen).

Mit dem nun zweiten „Corona-Semester“ erfahren e-Learning-Elemente auch weiterhin eine große Aufmerksamkeit in der Hochschullehre. Hierbei stechen nicht nur einzelne Online-Elemente hervor, sondern oftmals die Kombination verschiedener Online- bzw. e-Learning-Elemente. Unserer Einschätzung nach können web-basierte Selbstlernangebote (web-based-trainings, im folgenden WBTs) Online-Lernumgebungen einer Lehrveranstaltung sinnvoll ergänzen.

WBTs sind entweder Teil einer eigenen Website oder werden in die Lernplattformen integriert, in denen die Lerninhalte geordnet und zusammenhängend vermittelt werden. Im Hochschulkontext macht sicherlich letzteres verstärkt Sinn, da diese Lernplattformen bereits bestehen. Meist werden verschiedene mediale Elemente wie Texte, Abbildungen, Screencasts, Lernvideos, Audiodateien o.ä. genutzt, um die Lerninhalte zu präsentieren und zu vermitteln. WBTs eignen sich besonders dann, wenn der vermittelnde Inhalt klar eingrenzbar und abgeschlossen ist. Der Aufbau eines WBTs ist daher modular: Der Lerninhalt wird in verschiedene Lernmodule bzw. Kapitel geordnet, womit den Lernenden auch eine inhaltliche Struktur vermittelt wird. Das WBT kann entweder autonom von Studierenden bearbeitet werden oder Lehrende leiten das Bearbeiten mit Vorgaben an. Der Einsatz erfolgt in der Regel asynchron und stellt damit den Lernenden eine flexible Möglichkeit des Selbststudiums dar. Es bietet somit insbesondere im Online-Semester eine sinnvolle Ergänzung einer Lernumgebung.

Im Sommersemester 2020 haben wir für die Vorlesung „Statistik für die Sozialwissenschaften II“ eine umfangreiche Online-Lernumgebung getestet und dabei ein WBT eingesetzt. Neben wöchentlichen Vorlesungsaufzeichnungen und synchronen wöchentlichen Online-Tutorien wurden vier kürzere Lernmodule als WBT zum Selbststudium zur Verfügung gestellt. Begleitet wurden diese Lernmodule von Lerntests und Lernkarten. Ebenso wurde in den Tutorien auf entsprechende Kapitel in den Lernmodulen zum weiteren Selbststudium verwiesen. Da die Studierenden am Ende des Semesters eine modulabschließende Prüfung ablegen mussten, die auch die Inhalte der ersten Vorlesung zum Thema hatte, wurden in Lernmodul 1 und 2 zunächst Inhalte aus dieser wiederholt. Die Lernmodule 3 und 4 behandelten dagegen Inhalte der im Sommersemester gehaltenen Vorlesung. Die einzelnen Seiten des WBTs beinhalteten neben Text, Formelerläuterungen und Abbildungen auch kurze Lernvideos, in denen einzelne Inhalte und Rechenschritte kompakt erläutert wurden. Insbesondere diese Lernvideos kamen bei den Studierenden gut an. Sinnvoll erscheint dabei die Dopplung von Inhalten in verschiedenen Formaten, z.B. in Text und kurzem Lernvideo.

Zu diesen vier Lernmodulen des WBTs wurden in der Online-Lernumgebung Lerntests geschaffen. Diese sollen den Studierenden zur Überprüfung ihres Lernstands dienen und Orientierung geben. Die Rückmeldung wurden in differenzierter Form gegeben (< 50 % korrekt: „Sie sollten das Lernmodul wiederholen.“; >= 50 % korrekt: „Sie beherrschen die Inhalte ausreichend.“; >= 70 % korrekt: „Sie beherrschen die Inhalte überwiegend.“; >= 90 % korrekt: „Sie beherrschen die Inhalte sehr sicher.“).

Zusätzlich bot sich in dieser Vorlesung die Verwendung von Lernkarten an. Lernkarten funktionieren wie klassische Vokabelkarten: Auf einer Seite stehen einzelne Begriffe, auf der anderen Seite die Erklärung bzw. Definition zu diesem Begriff. Wichtige Begriffe und Definitionen konnten so einzeln von den Studierenden gelernt bzw. wiederholt werden. Hierbei wurden die wichtigsten Begriffe eines Lernmoduls jeweils als ein Set an Lernkarten in einem digitalen „Vokabelkasten“ gebündelt.

Abbildung 1: Übersicht der Lernkarten-Box

Die Lernenden bekommen während des Trainings die einzelnen Begriffe angezeigt und können dann über das Öffnen der Definition testen, ob sie sich korrekt erinnert haben, Probleme hatten (Button „Schwierig“) oder sich nicht an den Begriff erinnert haben (siehe Abbildung 2 & 3).

Abbildung 2: Einzelne Lernkarte

Innerhalb dieser Online-Lernumgebung konnten sich die Studierenden die Inhalte mithilfe der Vorlesungsaufzeichnungen, den Lernmodulen und den synchronen Tutorien erschließen. In den Vorlesungsaufzeichnungen und Tutorien wurde an entsprechenden Stellen auf die Lernmodule für eine Wiederholung/Vertiefung verwiesen. Anwendungsprobleme wurden dabei in den synchron stattfindenden Tutorien besprochen und gelöst. Studierende hatten somit während des Sommersemesters eine verknüpfte Lernumgebung aus verschiedenen asynchronen und synchronen Elementen, die verschiedene Lerntypen adressiert hat.

Dieser Artikel ist Teil der Blogserie „Bausteine digitaler Hochschullehre in der Politikwissenschaft“.

Statistik kontaktfrei

Dies ist ein Beitrag von Achim Goerres und Hayfat Hamidou-Schmidt (beide Universität Duisburg-Essen).

Wenn man einen Pflichtkurs zur angewandten Statistik in der Politikwissenschaft kontaktfrei unterrichten will, trifft man auf zwei Herausforderungen. Zum einen muss man eine geschickte Verknüpfung vielfältiger Aktivitäten schaffen, die es den Studierenden erlauben, die abstrakten Wissensbestände aktiv in Form von Übungen mit und ohne Software konkret anzuwenden. Zum anderen muss man Studierende motivieren, in dem völlig kontaktfreien Modus bei der Stange zu bleiben und, den Empfehlungen folgend, mitzuarbeiten.

Beide Herausforderungen sind erst einmal typisch für Pflichtkurse der angewandten Statistik in der Politikwissenschaft und keineswegs spezifisch für ein „Corona-Semester“. Doch ist der Umgang mit den beiden Herausforderungen in einer Pandemie-Zeit sehr anders im Vergleich zu einer „normalen“ Zeit.

Wir glauben, die erste Herausforderung (geschickte Verknüpfung verschiedener Aktivitäten) besser gemeistert zu haben als die zweite (Motivation zum Mitmachen). Alles in Allem lehrten uns unsere Erfahrungen im Sommersemester 2020 viel.

Im Folgenden beziehen wir uns auf die Vorlesung mit Tutorium „Statistik für Politolog_innen“ im Umfang von 240 Arbeitsstunden (8 ECTS) im ersten Studienjahr des BA Politikwissenschaft an der Universität Duisburg-Essen, ein Kurs an dem typischerweise mehr als 300 Studierende teilnehmen. Ausnahmsweise erlaubte die Universität im Sommersemester 2020 Freiversuche: aktiv nicht-bestandene Prüfungen wurden nicht auf das zulässige Maximum von drei Fehlversuchen angerechnet.

Verknüpfung verschiedener Aktivitäten in einer Woche

Eine exemplarische Lehrwoche bestand für die Studierenden erstens aus einer Bearbeitung eines Onlinevideos aus dem vorgehenden Jahr nebst Folien und der Lektüre der Pflichtliteratur. Diesen Teil würden wir bei einer ähnlichen Wiederholung des Kurses so belassen, wenngleich wir die Videos in kleinere Einheiten à 20-30 Minuten schneiden würden, um Teilstücke für die Studierenden leichter navigierbar zu machen.

Zweitens sollten die Studierenden ihr Verständnis in einem kurzen Multiple-Choice-Test über das Video überprüfen, der ihnen umgehend Feedback zu ihren Antworten gab. Dies würden wir unverändert lassen, zumal der Dozent hierdurch einen guten Überblick über gehäufte Schwächen im Verständnis bekam und dies in der Live-Session (s. Viertens) nutzen konnte.

Drittens sollten sie Anwendungsaufgaben, also Aufgaben, in denen das Erlernte in neuen Kontexten konkret angewendet werden musste, für die Live-Session vorbereiten. Dies würden wir in Zukunft in fest eingeteilten Gruppen statt solo organisieren, in denen sich die Studierenden mit einem oder einer selbstgewählten Leiter bzw. Leiterin gemeinsam mit den Aufgaben auseinandersetzen müssten.

Viertens sollten die Studierenden an der Live-Session teilnehmen, in der der Dozent auf die Schwächen in der Beantwortung der Multiple-Choice-Fragen (s. Zweitens) einging, die Anwendungsaufgaben (s. Drittens) auflöste und weitere Fragen beantwortete. Wir halten die wöchentliche Live-Session für unbedingt notwendig. Wir gehen künftig jedoch von einem, wenngleich sehr datenarmen und stabilen, Livestream mit Chat-Funktion auf eine Videokonferenzplattform über, mit der Möglichkeit für Studierende, bei Fragen ihre Kamera und ihr Mikro in einem stärker sozialen Austausch zu benutzen.

Fünftens sollten die Studierenden ein Aufgabenblatt mit SPSS selbstständig allein oder in Gruppen vorbereiten, bevor sie sechstens in einem virtuellen Tutorium die Auflösung gezeigt bekamen und weitere Fragen stellen konnten. Auch hier würden wir zu einer fest eingeteilten Gruppe wechseln und Bonuspunkte für korrekte Einreichungen vergeben.

Geringe Motivation zur Umsetzung der verzahnten Aktivitäten

Obwohl wir die Verzahnung der verschiedenen inhaltlichen und kompetenzorientierten Aktivitäten nach wie vor gut finden, scheint die große Mehrheit der Studierenden nicht motiviert gewesen zu sein, alle diese Aktivitäten tatsächlich umzusetzen. Von mehr als 300 Interessierten blieben circa 50 wirklich aktive Studierende während des Semesters übrig.

Man muss allerdings auch bedenken, dass auch in einem „normalen“ Semester nur eine Minderheit den Empfehlungen des Dozenten laut ihren eigenen Angaben folgt. In diesem Corona-Semester war nur das virtuelle Verhalten sichtbarer und messbarer.

Im Gegensatz zu dem geringen Aktivitätslevel vieler Studierender bei den wöchentlichen Aktivitäten nahmen viele Teilnehmer_innen an optionalen synchronen Online-Tests zu SPSS-Skills teil. Gleiches galt für die zwei Klausurversuche. Anders als bei den wöchentlichen Aktivitäten nahmen sehr viele Studierende an den Prüfungen teil, bei denen es um etwas ging, aber bei denen die Kosten des Nicht-Bestehens bei null waren.

Gegeben die Beobachtung, dass die meisten Studierenden während des Semesters nur mäßig aktiv waren, zugleich jedoch die Prüfversuche nutzten, scheinen viele Studierende den Weg des wenig vorzubereitenden „Probieren wir einfach einmal“ gewählt zu haben. Da die Schwierigkeit der Prüfung nicht abgemildert worden war, lieferte diese Strategie wenige bestandene Prüfungen.

Aus einem ineffizienten Kurs in die kontaktfreie Zukunft

In Summe war dieser Kurs wenig effizient: mit großem Engagement und vielen Beteiligten wurde ein durchdachter Kurs geschaffen, dessen Möglichkeiten von den Teilnehmenden letztendlich nicht angenommen wurden. Somit lieferte sehr großes Input an Ressourcen ein sehr geringes Output an bestandenen Prüfungen.

Die Lösung zu einer größeren Motivation scheint uns darin zu liegen, die Studierenden stärker virtuell in feste Arbeitsgruppen einzuteilen und der Arbeit dieser Gruppen durch geringe Bonuspunkte für die Endprüfung externe Anreize zu setzen. Je mehr normales soziales Miteinander in einem kontaktfreien Kurs, desto besser scheint dieser zu funktionieren.

 

Dieser Artikel ist Teil der Blogserie “Bausteine digitaler Hochschullehre in der Politikwissenschaft”.

Digitale Vermittlung von Schreibkompetenz

Dies ist ein Beitrag von Kathrin Loer (Hochschule Osnabrück).

Schreiben kann jeder, oder? So einfach ist es dann häufig doch nicht. Dabei gehört das Schreiben zu den Hauptaktivitäten im politikwissenschaftlichen Studium. Die Umstellung auf digitale Lehre ändert nichts Grundsätzliches daran, dass viele Studierende der Politikwissenschaft von systematischen Anleitungen und Unterstützungsformaten zum Schreiben profitieren, diese aber häufig fehlen. Über die digitale Lehre kann allerdings nach meiner Einschätzung Schreibkompetenz ideal vermittelt und der Schreibprozess begleitet werden.

Acht Schritte auf einem Entwicklungspfad lassen sich im Verlauf eines Semesters beschreiten. Dabei ist es möglich, die Vermittlung von Schreibkompetenz in diesen Etappen mit einem Seminar oder einer Vorlesung zu kombinieren oder aber eine eigene Veranstaltung zur Schreibkompetenz anzubieten. Der Pfadverlauf ergibt sich aus der individuellen Ermittlung des Unterstützungsbedarfs, der Planung und Organisation von Schreibaufgaben, über verschiedene Schreibübungen bis hin zur Erarbeitung von Fragestellungen, Gliederungen und der Erarbeitung erster (oder umfassender) Schreibprodukte (siehe Abbildung). Im Idealfall lässt sich nach einer solchen Lehrveranstaltung nicht nur eine verbesserte Schreibkompetenz aller Teilnehmer feststellen, sondern die Studierenden können die Früchte ihrer Arbeit auch sehr konkret für Haus- und Abschlussarbeiten nutzen.

Vorab sollte den Studierenden sehr plastisch das übergeordnete Ziel vermittelt werden: „Mehr, verständlich und präzise schreiben.“ Das bedeutet, dass mehr geschrieben werden sollte, und dass dabei Wege gefunden werden, damit es sich letztlich um verständliche und präzise Texte handelt. Wenn das in der Vermittlung gut gelingt, kann das Lust auf Sprache und schriftliche Kommunikation machen. Ein praktisches Ziel besteht darin, Schreiben als Routine zu etablieren, außerdem können die Einzelnen so ihre sprachlichen Ausdrucks- und Gestaltungsfähigkeiten steigern. Genau diese Aspekte sollten vorab herausgestellt werden. Zusätzlich gilt es, den Mehrwert für die spätere berufliche Praxis von Politikwissenschaftler:innen zu betonen, in der immer wieder Texte verfasst werden müssen.

Eine weitere Empfehlung: Wenn die Übungen mit einer konkreten Aufgabe aus dem Studium (Vorbereitung einer Hausarbeit oder Abschlussarbeit) verknüpft werden, erkennen die Studierenden ihren Vorteil unmittelbar. Aus diesem Grund umfasst der Pfad sowohl die Entwicklung einer politikwissenschaftlichen Fragestellung als auch die Strukturierung der Argumentation, um die eigene Darstellungs- und Analyseleistung letztlich gut erbringen zu können. Beim Durchlaufen des Pfades wechseln sich synchrone und asynchrone Elemente der digitalen Lehre ab. Wesentlich ist die Festlegung eines eindeutigen Zeitrahmens, den alle Teilnehmenden gemeinsam einhalten. Der Pfad zerlegt dann den Arbeitsprozess, in dessen Rahmen ein wissenschaftlicher Text produziert wird, in einzelne Schritte, damit die Aufgabe besser bewältigt und möglicherweise bestimmte Schwierigkeiten und Herausforderungen gezielter adressiert und bearbeitet werden können. Dazu dienen begleitende Informationen, die jeweils die nächste praktische Phase (Schreibübung 1, Schreibübung 2, Bearbeitung der politikwissenschaftlichen Aufgabe z.B. Hausarbeit) fundieren und anleiten.

Schreiben als „Handwerk“ lässt sich erlernen: Das sollte Studierenden vermittelt werden – gleichzeitig brauchen viele dazu eine gute Unterstützung. Das gemeinsame Absolvieren des Entwicklungspfades soll dazu dienen, dass Studierenden idealerweise Freude am Planen und Erfüllen ihrer Schreibaufgaben entwickeln. Wenn es gelingt, Schreibübungen produktiv in das Studium zu integrieren, dann lassen sich darüber Studierenden zum Training motivieren. Sie lernen, sich Ziele zu setzen für alles, was es an Schreibaufgaben gibt. Wesentlich ist es auch zu zeigen, dass Schreiben Zeit braucht und es kein Wettrennen darstellt. In der digitalen Lehre sollte dazu neben synchronen Vermittlungsformen (Online-Sitzungen) auch genügend Raum und Zeit für individuelle Klärungen geschaffen werden, was ebenfalls digital – sowohl synchron (Videochat, Telefon, Messenger) als auch asynchron (Email) – ideal machbar ist.

Dieser Artikel ist Teil der Blogserie “Bausteine digitaler Hochschullehre in der Politikwissenschaft”.

Politikwissenschaftliche Leseübungen in der Online-Lehre

Dies ist ein Beitrag von Matthias Freise (Universität Münster).

Dieses Blogbeitrag basiert auf meinem gleichnamigen Vortrag im Rahmen der Workshop-Reihe „Hochschullehre in Zeiten von Corona“ des AK Hochschullehre vom 15. April 2020.

Wie alle Geistes- und Sozialwissenschaften ist die Politikwissenschaft eine Lesedisziplin. Wer sich das Fach und seine Inhalte erschließen möchte, kommt um umfangreiche Lektürearbeit nicht herum. Das gilt nicht erst seit Einsetzen der Corona-Krise. Mit dem abrupten Ende der Präsenzlehre und der Umstellung auf Online-Formate hat der Anteil des Lektürestudiums aber vielerorts noch zugenommen. Lehrende entdeckten die Buchscanner und Lieferdienste ihrer Bibliotheken für sich und erstellten umfangreiche PDF-Reader ‒ vor dem geistigen Auge ihre Studierenden, die die Pandemie wie Spitzwegs Bücherwurm verbringen. In der Realität dürften viele Lernende durch erweiterte Leselisten allerdings eher abgeschreckt worden sein. Beispielhaft zeigt dies eine unveröffentlichte Studierendenbefragung der Universität Münster aus dem Corona-Semester, bei der sich fächerübergreifend eine Mehrheit der Studierenden über die deutlich ausgeweiteten Lektüreanforderungen beklagten und sie für nicht bewältigbar hielten. Es empfiehlt sich deshalb ein Blick in den Instrumentenkasten der hochschuldidaktischen Lehr- und Lernforschung, die einige Verfahren entwickelt hat, mit denen sich die Lesecompliance von Studierenden steigern lässt.

In meinem Artikel im Sammelband stelle ich fünf solcher Instrumente vor, die ich in meinen Seminaren an der Universität Münster während des Corona-Semesters erfolgreich getestet habe. Für diesen Blogbeitrag möchte ich beispielhaft des Instrument der Textpatenschaften vorstellen.

Im Mittelpunkt vieler politikwissenschaftlicher Lehrveranstaltungen stehen Institutionen oder politische Organisationen wie Parlamente, Regierungen, Parteien, NGOs oder soziale Bewegungen. In solchen Seminaren können Sie zu Beginn des Semesters Textpatenschaften vergeben. In meinem Kurs „Zivilgesellschaft in Deutschland“ habe ich im Corona-Semester beispielsweise allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern ausgewählte Vereine, Stiftungen, Wohlfahrtsverbände, Interessenverbände, Genossenschaften und gemeinnützige Kapitalgesellschaften zugewiesen und die Studierenden gebeten, die gesamte Seminarliteratur stets dahingehend zu lesen, inwieweit sich die getroffenen Aussagen auf die eigene Patenorganisation anwenden lassen oder ob sie ein eher schlechtes Beispiel zur Illustration des Textes sind.

Ich habe die Studierenden außerdem gebeten, in Fällen, in denen ihre Patenorganisation besonders gut geeignet ist, diese im Videoseminar kurz vorzustellen und auf den Text zu beziehen. In Kursen bis zu 30 Studierenden habe ich in der Videokonferenz einen Ausdruck der Organisationspatenschaften vor mir liegen und bitte die Studierenden, sich zur Seminarlektüre zu äußern, indem ich sie direkt mit Namen anspreche. Auf diese Weise gelingt es mir, auch Studierende zu aktivieren, die sich sonst nicht am Seminar beteiligen und die man im Webinar teilweise noch schwerer aktivieren kann als im Präsenzseminar. Da alle wissen, dass sie im Laufe des Semesters mehrfach aufgerufen werden, steigert das die Lesedisziplin erheblich. Als Lehrperson muss ich mich allerdings darauf vorbereiten, dass einige Studierende im Webinar fehlen und in diesen Fällen improvisieren, indem ich andere aufrufe.

Textpatenschaften eignen sich auch gut für Breakout Sessions, bei denen die Studierenden thematisch nach ihren Patenorganisationen in Kleingruppen eingeteilt werden und dort eine Aufgabe bearbeiten. In oben genanntem Seminar habe ich die Studierenden beispielsweise gebeten, in Breakoutsessions zu eruieren, inwieweit ihre Organisationen die verschiedenen Funktionen bedienen, die die liberale Demokratietheorie der Zivilgesellschaft zuweist.

Übrigens können Sie den Studierenden auch anbieten, Textpatenschaften aus ihrer eigenen Lebenswelt zu übernehmen. Sind Studierende selbst Mitglied in einer Partei, Gewerkschaft oder NGO, können sie im Seminar plastisch von ihren eigenen Erfahrungen berichten.

Dieser Artikel ist Teil der Blogserie „Bausteine digitaler Hochschullehre in der Politikwissenschaft“.

Interaktive Elemente in der Online-Lehre – Ein kurzer Einblick

Dies ist ein Beitrag von Tina Rosner-Merker (Universität Magdeburg) und Patricia Konrad (Universität Hamburg).

Bis März 2020 stellten digitale Lehrveranstaltungen in Deutschland eher eine Ausnahme dar. Die COVID-19-Pandemie änderte die Rahmenbedingungen und in der Lehre beschäftige Personen sahen sich – gefühlt von jetzt auf gleich – mit der Thematik Online-Lehre konfrontiert. An dieser Stelle setzen wir mit unserem Sammelbandbeitrag zu digitaler Lehre an und fokussieren uns auf Interaktion als didaktisches Element. Unser Artikel im Sammelband bietet dabei eine kurze Auseinandersetzung mit Interaktion und unserer didaktischen Grundhaltung, einen Überblick über sechs konkrete Tools zur Integration interaktiver Elemente in die Online-Lehre sowie eine erste Orientierungshilfe zur Auswahl passender Tools. Wir sind dabei der Auffassung, dass Online-Lehre eine große Bandbreite an Interaktionsmöglichkeiten bietet und mit einfachen, niedrigschwelligen und zugleich oft wirkmächtigen Mitteln eine Verbesserung des Lernerfolgs erzielt werden kann

Alle in unserem Buchbeitrag vorgestellten Tools basieren auf einer lerner*innenorientierten Didaktik und beziehen sich insbesondere auf Seminare bzw. Übungsformate. Einzelne Elemente sind aber auch auf Vorlesungen übertragbar. Ein wiederkehrendes Element unserer Tools stellt dabei die Peergroup-Education dar. Insgesamt betrachten wir Online-Lehre als in vielen Aspekten unterscheidbar von Präsenzlehre, nehmen aber keine Zuschreibung im Sinne von „besser“ oder „schlechter“ vor.

Wir laden dazu ein, diejenigen Elemente und Tools zu identifizieren, die den gewünschten Zielen entsprechen, diese auszuprobieren und im Austausch mit den Studierenden einen gemeinsam zu beschreitenden Weg zu finden. Als exemplarisches Beispiel schildern wir in diesem Blogbeitrag das Tool der interaktiven Videos.

Ergänzend zu bekannteren Videoformaten wie Screencasts, annotierten Präsentationen oder aufgezeichneten Vorträgen bieten interaktive Videos eine Vielzahl an Möglichkeiten. Ihnen ist gemein, dass Studierende vom passiven Anschauen des Videos in einen aktiven Modus wechseln: Das heißt, dass ein Video nicht mehr ohne Unterbrechungen beziehungsweise linear abgespielt werden muss, sondern durch die aktive Reaktion der*des Studierenden individuell gesteuert wird. Nichtlineares Abspielen bedeutet, dass innerhalb des Videos sowohl vor und zurück, als auch zu unterschiedlichen Kapiteln gesprungen werden kann.

Dabei stehen unterschiedlichste Varianten der Ausgestaltung des interaktiven Videos zur Verfügung; beispielsweise können verschiedene Aufgaben wie Quizfragen oder Lückentexte integriert und weiterführende Informationen eingeblendet werden. So lassen sich z.B. Kontrollfragen zum Verständnis oder kleinere Aufgaben einfügen, bei denen Studierende zur Lösung auf ein vorab erklärtes Vorgehen zurückgreifen müssen. Zudem können zur leichteren Navigation innerhalb des Videos einzelne Kapitel angelegt werden. Auch spätere Veränderungen oder Entscheidungsoptionen, z.B. zur Vertiefung, lassen sich integrieren. Zudem ist je nach Editor variabel, ob interaktive Elemente optional oder zum Fortlaufen des Videos verpflichtend absolviert werden müssen. Anders als das interaktive Video vermuten lässt, muss die Lehrperson dabei keinesfalls über umfassende Kenntnisse der Videobearbeitung verfügen. Vielmehr stehen interaktive Videos allen Personen offen, die auch klassische Videos aufnehmen können.

Um diese technisch niedrigschwellige Umsetzung zu ermöglichen, kann beispielweise auf den h5p-Editor zurückgegriffen werden. Unter https://www.oncampus.de/weiterbildung/moocs/einstieg-in-h5p ist ein kostenloser und kompakter Massive Open Online Course (MOOC) verfügbar, der einen Einstieg in das generelle Thema interaktiver Online-Elemente auf h5p-Basis ermöglicht, aber auch interaktive Videos im Spezifischen thematisiert. Dieser Editor lässt sich – wenn nicht bereits verfügbar – direkt in Lernplattformen wie moodle oder ILIAS integrieren und ermöglicht die Videoerstellung in einem Schritt-für-Schritt-Prozess.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Dieser Artikel ist Teil der Blogserie „Bausteine digitaler Hochschullehre in der Politikwissenschaft“.

Digitale Studien- und Prüfungsleistungen

Dies ist ein Beitrag von Kai-Uwe Schnapp (Universität Hamburg).

Hört man den Begriff Onlineprüfung, dann denkt man zunächst an stupide Single- oder Multiple-Choice-Fragen, mit denen allenfalls Faktenwissen geprüft werden kann. Klug eingesetzt können solche Tests jedoch sehr viel mehr sein und Lehr-Lern-Prozesse sinnvoll ergänzen. Das gilt vor allem dann, wenn eine solche Prüfung durch geeignete Frageinhalte und -formate die Studierenden zur Wissenserweiterung im Prüfungsprozess anregt. In diesem Sinne nutze ich Onlinetests auch, um Studierende etwa zur Auseinandersetzung mit ergänzender Literatur zu „drängen“ oder ihnen Webseiten nahe zu bringen, die für das Studium relevant sind. So gibt es zu einer Methodenvorlesung Fragen, die ohne Nutzung des Messinstrumentenrepositoriums der GESIS nicht beantwortet werden können, andere sind ohne den Griff zum Buch nicht beantwortbar. Das Ziel dieser Art von Fragen ist nicht die Abfrage des jeweiligen Wissens, sondern das Anregen zur Auseinandersetzung mit für das Studium wichtigen Quellen. Die Prüfungssituation wird dadurch explizit zur Fortsetzung des Lern- und Auseinandersetzungsprozesses genutzt.

Was macht eine gute Onlineprüfung als aus? Sie braucht Fragen, die 1) die Erreichung der gesetzten Lernziele prüfen, 2) unterschiedliche Denkstufen abdecken, 3) die gewünschten Arbeitsschritte, etwa den Besuch einer Webseite oder das Nachlesen in einem Text notwendig machen, 4) die technisch verfügbare Palette an Frageformaten ausnutzen, und 5) die Ressourcen zur Überprüfung der Antworten nicht überfordern. Eine gute didaktische Qualität wird erreicht, wenn Lehrende sich genau überlegen, was sie prüfen und daher fragen wollen. Sie müssen sich also über den abzufragenden Inhalt, den jeweils geeigneten Fragentyp und die zu erreichende Punktezahl Gedanken machen. Die einzelnen Fragen sollen möglichst unterschiedliche Schwierigkeitsgrade aufweisen, die Fragentypen sollen variieren. Idealerweise kooperieren Lehrende bei der Entwicklung solcher Tests.

Rechtlich sind Onlinetests nach wie vor ein unsicheres Terrain. Bei ihrer Nutzung sollte daher in jedem Falle die Rechtsinterpretation der eigenen Hochschule beachtet werden. Ein unbedingtes Muss ist die Einhaltung des auch sonst bei Prüfungen üblichen Vieraugenprinzips. Dies wird bei Onlinetests dadurch sichergestellt, dass Fragen, Antwortoptionen und richtige Antworten sowie die Punktvergaben von einer Lehrperson entworfen und dann von einer zweiten Person geprüft werden. Hier wird Kooperation der Lehrenden bei der Testentwicklung sogar rechtlich erzwungen.

Führen Studierende einer großen Studiengruppe, also etwa einer Vorlesung, Onlinetests ohne Aufsicht am heimischen PC/Laptop durch, stellt sich die Frage, wie die Autoreninnenschaft der Antworten gesichert werden kann. Der erste technische Schritt ist das randomisierte Vorlegen der Antwortoptionen einer Frage, die von den meisten Testsystemen unterstützt wird. Die einfache Weitergabe der Nummer der richtigen Antwortoption wird so unterbunden. Hat man einen großen Fragenpool, dann kann dieser genutzt werden, um vom Testsystem individuelle Tests zusammenstellen zu lassen, die für jede Studierende anders aussehen. Das einfache Abschreiben von „Musterlösungen“ wird so effektiv unterbunden. Und was kann man tun, wenn Studierende sich diesen Vorkehrungen zum Trotz bei der Bearbeitung der Tests wechselseitig beraten? Aus meiner Sicht stellt das vor allem dann kein Problem dar, wenn der Test als unbenotete Leistung vorgenommen wird. Versteht man Prüfen jetzt als Teil des Lernprozesses und nicht ausschließlich als „Assessment“, kann eine solche Kooperation m.E. sogar als produktiv angesehen werden.

Welche Ressourcen werden für die erfolgreiche Implementation von Onlinetests benötigt? Es bedarf eines E-Learning-Systems, das Onlinetests zur Verfügung stellt und das möglichst im Besitz der eigenen Hochschule ist. Idealerweise wird das System an der Hochschule bereits breit genutzt, das senkt die Hürden für die Studierenden. Für Lehrende senken sich die Hürden, wenn es erfahrene Kolleginnen oder eine gute Unterstützung durch E-Learning-Büros oder vergleichbare Einrichtungen gibt. In jedem Falle benötigt man für die Umsetzung von Onlinetests ausreichend Hilfskraftstunden. Die Zahl der benötigten Stunden sinkt bei der wiederholten Durchführung eines Tests, geht aber nicht auf Null. Jeder Durchlauf benötigt seine eigenen Personalressourcen.

So entwickelt und eingesetzt sind Onlinetests ein weiteres wertvolles Instrument im didaktischen Werkzeugkoffer. Die zu überwindenden technischen Hürden sind angesichts weit entwickelter E-Learning-Systeme heute nicht mehr groß. Das gilt umso mehr, wenn an der eigenen Hochschule ein Mindestmaß an technischer Unterstützung gegeben ist.

Dieser Artikel ist Teil der Blogserie „Bausteine digitaler Hochschullehre in der Politikwissenschaft“.