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Bausteine einer politikwissenschaftlichen Hochschuldidaktik

Didaktiken gibt es viele. Da gibt es die Fachdidaktik, die sich um die Vermittlung schulbezogener didaktischer Kompetenzen an Lehramtsstudierende kümmert. Dann gibt es die Hochschuldidaktik, also die Lehre vom Lehren und Lernen an Hochschulen im allgemeinen. In unserem Feld gibt es auch noch eine Didaktik der politischen Bildung für die außer(hoch)schulischen Lernkontexte. Und dann, nicht zuletzt, gibt es noch eine fachbezogene Hochschuldidaktik.

Solche fachbezogenen Hochschuldidaktiken sind nicht das gleiche wie die allgemeine Hochschuldidaktik. Letztere kümmert sich fachungebunden um hochschulische Lehr- und Lernprozesse. Wir Lehrende „erleben“ die Hochschuldidaktik zumeist in entsprechenden Weiterbildungsprogrammen, beispielsweise beim Erwerb hochschuldidaktischer Zertifikate. Viele meiner KollegInnen beschreiben die so erlebte allgemeine Hochschuldidaktik als praxisfern und schwer anwendbar auf ihren Lehrkontext. Umgekehrt sagen viele professionelle HochschuldidaktikerInnen, dass sie gerne mehr Einblick in die fachliche Lehrpraxis hätten. Für solche Probleme haben bzw. brauchen Fächer eine fachbezogene Hochschuldidaktik, also ein Verständnis davon, wie im Kontext ihrer Disziplin Lehre und Lernen aussehen sollen.

Ich hatte unlängst Gelegenheit, mich mit Lehrenden aus anderen Disziplinen sowie der allgemeinen Hochschuldidaktik über unsere jeweiligen Fachkulturen auszutauschen. (Vielleicht wird daraus ein vergleichendes Projekt, mal sehen.) In der Vorbereitung und im Gespräch habe ich mit der Frage gerungen, was eine politikwissenschaftliche Hochschuldidaktik ausmacht. Eine Antwort habe ich noch nicht, nicht mal ansatzweise, zumal es in der Politikwissenschaft bislang keine Auseinandersetzung mit dieser Frage gibt. Ich möchte in diesem Blogpost erstmal nur die Dimensionen der Frage auffächern und ein paar Gedanken festhalten, damit ich mich beizeiten systematischer damit befassen kann.

Die Probleme fangen schon damit an, was man als Dimensionen oder Deutungen des Begriffs „fachbezogene Hochschuldidaktik“ verstehen kann. Eine erste Deutung zielt auf die Lehrpraxis: Anhand welcher Prinzipien, Philosophien und normativer Festlegungen wird in einem Fach gelehrt? (Siehe dazu den schönen PVS-Artikel von Julian Eckl.) Mit welchen Lehrmethoden werden welche Lehrinhalte gelehrt? Für die Politikwissenschaft fallen mir insbesondere die Zentralität von Begriffen wie Macht und Konflikt ein, die pluralistische Epistemologie sowie die hohe Bedeutung, welche wir diskursiven und dialogischen Kompetenzen und Lehrmethoden zuschreiben.

Eine zweite Deutung interpretiert dies als Praxisgemeinschaft. Von wem sprechen wir eigentlich, wenn wir von einer fachbezogenen Hochschuldidaktik sprechen? Sind das alle Lehrenden des Fachs? Oder enger gefasst nur diejenigen Lehrenden, die ihre Lehre didaktisch reflektieren? Zu diesem Aspekt gehört auch, die Beziehungen einer wie auch immer gearteten Praxisgemeinschaft zu anderen Gemeinschaften wie z.B. der Lehr-Lern-Forschung oder der allgemeinen Hochschuldidaktik zu klären. Hier sehe ich deutlichen Nachholbedarf in der Politikwissenschaft, ganz gleich ob man die Grenzen eng oder weit zieht. Es gibt Fächer wie die Medizin und die Rechtswissenschaften, in denen die fachbezogene Hochschuldidaktik ein ganz selbstverständlicher Teil der Disziplin ist. Davon sind wir weit entfernt. Aber man sollte in diesem Punkt die Latte nicht zu hoch legen – selbst didaktisch reflektierte Lehrende verstehen sich weiterhin eher als PolitikwissenschaftlerInnen anstatt als politikwissenschaftliche HochschuldidaktikerInnen. Letzteres geschieht wohl nur, wenn sie auch institutionell bzw. professionell den Schritt in eine praktische Tätigkeit im hochschuldidaktischen Bereich tun.

Die dritte Deutung versteht den Begriff als Feld. Welche Infrastrukturen und welche Netzwerke hat sich ein Fach gegeben, um sich systematisch über Fragen von Studium und Lehre auszutauschen? Hier fällt mir – für Deutschland – naturgemäß der AK Hochschullehre ein, über den wir bereits viel getan haben, um zur Vernetzung aktiver Lehrender beizutragen. Aber es lohnt sich auch der Seitenblick auf unsere Schwestergruppen in der ECPR, der APSA oder der PSA, die uns in dieser Hinsicht auch noch einige Jahre voraus sind.

Diese Deutungen oder Dimensionen einer fachbezogenen Hochschuldidaktik zeigen bereits, wie komplex die Antwort auf die Frage ist, ob es eine fachbezogene Hochschuldidaktik der Politikwissenschaft gibt und wenn ja, wie diese aussehen könnte. Wir ringen mit dieser Frage auf einer praktischen Ebene immer wieder bei der Herausgabe der Kleinen Reihe Hochschuldidaktik Politik, wenn wir uns bei jedem Band, sei es zur Kompetenzorientierung, zu Simulationen oder zum forschenden Lernen, fragen: Was ist das spezifisch politikwissenschaftliche im Zugang zu diesem Thema? Dass wir auf diesem Wege wie nebenbei auch erste bruchstückhafte Überlegungen zu einer fachbezogenen Hochschuldidaktik unternehmen war bisher nur ein netter Nebeneffekt, aber ich halte es für wertvoll, künftig noch systematischer darüber nachzudenken.

Call for Papers: Politikwissenschaftliche Hochschullehre – Wozu? (Fünfte Jahrestagung, Berlin, 17.-18. Februar 2020)

Der Call als pdf

Wozu betreiben wir Hochschullehre? Auf diese Frage gibt es viele mögliche Antworten, z.B. die formalistische (weil sie Teil unserer arbeitsvertraglich festgelegten Aufgabenbeschreibung ist) oder eine individuell-moralische (weil man sie für wichtig hält). Bei der fünften Jahrestagung des AK Hochschullehre wollen wir diese Frage aus systemischen, normativen und institutionellen Blickwinkeln betrachten. Anders gefragt: Was sind Ziele eines politikwissenschaftlichen Studiums und was bedeutet dies für unsere Lehre?

Wir rufen daher zu Beiträgen auf, die sich beispielsweise mit den folgenden Fragen beschäftigen:

  • Welche sind die Bildungsziele eines politikwissenschaftlichen Studiums? Hier gibt es natürlich Raum für unterschiedliche Antworten von Institut zu Institut, aber nur wenig explizite Debatten. Orientieren wir uns immer noch, oder etwa schon wieder am Ideal der „Demokratiewissenschaft“? Oder wenn es das klassisch-humanistische Bildungsideal sein soll, was ist daran spezifisch politikwissenschaftlich?
  • Im bildungspolitischen Feuilleton und in kollegialen Flurgesprächen werden Kompetenzen und Wissen gelegentlich als Gegensätze dargestellt. Wie kommen wir in der Lehre aber auch in innerfachlichen Diskursen weg von der Gegenüberstellung hin zur Komplementarität dieser beiden Ziele?
  • Im Anschluss an die von unserem AK mitgestaltete DVPW-Thementagung 2019 stellt sich die Frage, wie wir durch die Lehre im Besonderen in die Gesellschaft wirken. Wie bereiten wir (künftige und aktuelle) Praktiker*innen in Staat, Zivilgesellschaft und Wirtschaft auf ihre Aufgaben vor? Wie befähigen wir die übrigen Studierenden dazu, aktive Staatsbürger*innen in einer zunehmend polarisierten Demokratie und einer globalisierenden Weltgesellschaft zu sein? Welche Anforderungen werden von außen an Studium und Lehre herangetragen und wie sollten wir ihnen begegnen?
  • Welche pädagogischen Vorstellungen stehen hinter unserer Lehre? Die politikwissenschaftliche Hochschullehre geschieht meistens ohne besondere lerntheoretische oder lernpsychologische Fundierung. Hier gibt es großen Spielraum und Bedarf, bildungswissenschaftliche und pädagogische Theorien für unsere Disziplin zu übersetzen und zu operationalisieren.
  • In Akkreditierungsverfahren werden Studiengänge regelmäßig als forschungs- oder praxisorientiert kategorisiert, aber wie drücken sich diese Einordnungen in Studium und Lehre aus? Sofern man mit dieser Dichotomie einverstanden ist, welche Bedeutung hat sie für die Formulierung von passenden Lernziele und die Gestaltung entsprechender Curricula? Nicht zuletzt geht es auch darum, ob wir diese selbst gesteckten Ziele erreichen. Welche Metriken benutzen wir dafür und durch welche Prozeduren fließt dies als Feedback in die Weiterentwicklung des Studienganges ein? Unter diesem Stichpunkt können auch Absolvent*innenstudien, die Erforschung einschlägiger Praxisfelder oder Verfahren des Qualitätsmanagements diskutiert werden.
  • Welche Stellung hat die Lehre an der Hochschule? Die relative Geringschätzung der Lehre im Vergleich zur Forschung, welche mit dem Begriff der „Reputationsasymmetrie“ beschrieben wird, ist allgemein bekannt. Aber welche Rolle – jenseits von Fensterreden – hat sie in der heutigen Mission der Hochschulen? Und wie differenziert sich dies nach Hochschulformen und/oder im Vergleich zur Politischen Bildung?
  • Die oben genannten Fragen spielen sich alle in größerer Flughöhe ab, aber was bedeuten sie für die Lehre im Kleinen, also auf der Ebene von Modulen und einzelnen Lehrveranstaltungen? Dies kann man normativ (Was sollten die Ziele sein?) oder praktisch beantworten (Wie trage ich zur Verfolgung der Ziele bei?). Dies umfasst auch die häufige Herausforderung, wie ich als Lehrende/r mit teils unklar formulierten Vorgaben in Prüfungsordnungen und Modulhandbüchern umgehe. Denkbar sind auch Beiträge aus institutioneller Perspektive, wie es z.B. ein Institut schaffen kann, seine Lehrenden auf gemeinsame Linien oder Ziele zu verpflichten, ohne in die Freiheit der Lehre einzugreifen.

Wie immer beschäftigen wir uns auch 2020 mit Lehrkonzepten und Erfahrungsberichten aus Lehrveranstaltungen unterschiedlicher Formate. Im Praxisforum möchten wir wieder die Gelegenheit geben, Lehr-Lernformate aus der Hochschullehre zu präsentieren, aber auch Ideen für solche Formate zur Diskussion zu stellen. Dabei geht es uns nicht nur um Lehrinnovationen, sondern auch um neue Perspektiven auf bewährte Themen, Formate und Probleme.

 

Einreichung von Beiträgen

Interessierte senden bis einschließlich 15.11.2019 einen Abstract (max. 500 Wörter) an lambach@normativeorders.net. Bitte geben Sie an, in welchem Format (Vortrag, Diskussion, Workshop, Roundtable, Poster o.ä.) Sie Ihren Teil im Rahmen der Tagung gestalten möchten und fügen Sie einige biografische Angaben (max. 200 Wörter) bei.

Nach Auswahl der Beiträge werden wir Sie bis zum 2.12.2019 über das finale Programm und den genauen Tagungsort informieren. Der Arbeitskreis ist leider nicht in der Lage, Reise- oder Übernachtungskosten zu übernehmen.

Bericht vom Workshop „Lehrbücher der Zukunft“ (Frankfurt, 9.9.2019)

Wir hatten bei unserem gestrigen Workshop sehr interessante und (zumindest für mich) erhellende Diskussionen über den Sinn, den Zweck und die Zukunft des Lehrbuchs in der Hochschullehre. Ich habe die Beiträge und Gedanken als Twitter-Thread dokumentiert:

Der ausführliche Workshopbericht befindet sich wie immer auf unserer Webseite – oder gleich hier: Am 9. September fand am Cluster Normative Ordnungen der Goethe-Universität Frankfurt am Main ein Workshop des AK Hochschullehre zum Thema „Lehrbücher der Zukunft“  statt. Ziel des Workshops war, im Dialog von Verlagen, AutorInnen und Lehrenden zu diskutieren, welche Funktion(en) das Lehrbuch angesichts sich wandelnder Rahmenbedingungen für die Lehre künftig haben kann und soll.

Lasse Cronqvist (Universität Trier) leitete in das Workshopthema ein. Er führte aus, dass sich das Lehrbuch den tradierten Reputationszuschreibungen für wissenschaftliche Karrieren nicht entziehen können. Gleichzeitig kann man das Lehrbuch als didaktisches Instrument nicht losgelöst von größeren Veränderungsprozessen im Kontext der Hochschullehre betrachten – konkret gesagt: Wie können Lehrbücher in zunehmend digitalisierte Lehrzusammenhänge eingebettet werden? Welche Rolle spielt das Lehrbuch für Verlage und Lehrende heute und in Zukunft?

In einer ersten Impulsrunde gaben Autoren und VerlagsvertreterInnen kurze Statements ab, die in die Diskussion einführten. Von Autorenseite schilderten Björn Egner und Markus Lederer (beide TU Darmstadt) ihre Perspektiven von wissenschaftlicher Seite. Sie beschäftigten sich u.a. mit der Frage, warum Lehrende überhaupt Lehrbücher schreiben und wie deren Wirkung auf die Karriere eingeschätzt wird. Von Verlagsseite diskutierten Tessa Debus (Wochenschau Verlag), Jan Treibel (Springer VS) und Alexander Hutzel (Nomos Verlagsgesellschaft), welchen Stellenwert Lehrbücher für ihre Verlage weiterhin haben und wie sie das Verlagsangebot angesichts neuer digitaler Möglichkeiten und Einsatzszenarien weiterentwickeln wollen.

Im Anschluss stellten Alexander Hutzel und Jan Treibel die Zukunftsvisionen ihrer Verlage für das Lehrbuchgeschäft vor. Sie stellten didaktische Anforderungen an Lehrbücher vor, grenzten Lehr- von Handbüchern ab und schilderten klare Vorstellungen darüber, wie die Zielgruppe(n) ihrer Lehrbuchreihen aussehen. Dabei hoben sie hervor, dass sich die Lese- und Studiergewohnheiten der Studierenden verändern – die Nutzung von Online-Angeboten steigt deutlich an und Studierende fragen zunehmend Videos und Audio zur Flankierung von Texten an. Gleichzeitig werde es schwieriger, passende AutorInnen zum Verfassen von Lehrbüchern zu animieren.

Der nächste Programmteil bestand aus der Vorstellung von drei aktuellen Lehrbuchprojekten. Als erstes stellte Ralf J. Leiteritz (Universidad del Rosario) einen Einführungsband in die Internationale Politische Ökonomie für seine kolumbianischen Studierenden vor. Danach präsentierte Markus Lederer seine Überlegungen für eine Einführung in die globale Umweltpolitik, wo der Lehrbuchmarkt bislang noch ziemlich leer ist. Zum Abschluss stellte Daniel Mertens (Universität Frankfurt) ein geplantes Buch zu globalen Finanzmärkten vor. Damit soll eine Lücke geschlossen werden, in der es bisher keine sozialwissenschaftlichen Einführungen gibt, diese aber von Studierenden stark nachgefragt werden.

In der Abschlussdiskussion wurde u.a. besprochen, was wir eigentlich über den Bedarf an bzw. den Umgang mit Lehrbüchern wissen. Hier wird noch die Perspektive der Studierenden und der Lehr-Lern-Forschung benötigt, um das sich verändernde Studierverhalten zu verstehen. Ferner wurde thematisiert, dass Lehrbücher eine wichtige Orientierungsfunktion haben, insbesondere für StudienanfängerInnen, die oft noch ein sehr monistisches Verständnis von Wahrheit haben. Nicht zuletzt besteht noch mehr Bedarf daran, den Lehrenden die Verwendung von Lehrbüchern zu vermitteln – es gibt verschiedene Möglichkeiten und Ansätze sie sinnvoll in die Lehre einzubringen.

Im Anschluss an die Tagung haben Tessa Debus und Daniel Lambach ein kurzes Interview zu den zentralen Erkenntnissen des Workshops aufgenommen. Einen Mitschnitt gibt es auf der Webseite des Wochenschau-Verlags.

Über die Schizophrenie des Lehrens Politischer Theorie

Dieser Beitrag von Frederik Metje und Simon Rettenmaier ist Teil der Blogserie “Hochschullehre in der Politischen Theorie und Ideengeschichte”.

Politische Theorie zu lehren (und zu lernen) ist eine schizophrene Angelegenheit, so lautet die These eines Vortrags, den wir im Rahmen des Workshops Hochschullehre in der Politischen Theorie und Ideengeschichte im Mai 2019 an der Universität Hamburg hielten. Im Vortrag bemühten wir uns, die lehr- und lernbezogenen Selbstreflexionen aus dem Universitätsalltag der Kasseler Philosophie und Politikwissenschaft analytisch aufzuspannen um herauszuarbeiten, ob und inwiefern sich die Lehre Politischer Theorie von der Lehre anderer Disziplinen (tatsächlich) unterscheidet. Was ist also das Charakteristische der Lehre Politischer Theorie?

Nicht selten erscheinen die Gedanken von Aristoteles über Hobbes, Marx bis Arendt im Studium höchst abstrakt, und nicht nur, weil deren komplexe Texte in Einführungen auf wenige Seiten heruntergebrochen sind. Während es die Sozialwissenschaften, in einem methodological turn begriffen, nach der empirischen Relevanz verlangt, suchen BA- wie Lehramtsstudierende oftmals im Theoretischen der Politischen Theorie einen praktischen Nutzen. Politische Theorie scheint damit zunächst recht fern des studentischen Lebensalltags zu sein, das Politische – vor allem der politische Streit – an ihr ist es jedoch nicht. Leidenschaftliche Debatten und alltagspolitische Bezüge scheinen Eckpfeiler für eine beflügelte Auseinandersetzung über politische Fragen zu sein. Dieses schizophrene Verhältnis zwischen Lebensnähe und -ferne ließe sich ebenso optimistisch – als gegenseitige Befruchtung von Politischem und Theorie – wie pessimistisch lesen.

Vor diesem Hintergrund zielte unser Beitrag darauf, drei Spannungsfelder zu eruieren, die ein bundesdeutsches Lehren Politischer Theorie mitprägen. Diese Spannungsfelder können nur dann angemessen adressiert werden, wenn wir die Schizophrenie der Lehre Politischer Theorie aufgreifen. Basierend auf unserer mehrjährigen Lehrerfahrung dienen uns andere sozialwissenschaftliche Teildisziplinen sowie die akademische Philosophie als Kontrastfolien.

  1. Kanon VS Pluralismus: Welchen Bildungsanspruch verfolgt Politische Theorie? In der Bundesrepublik als Teil der Demokratiewissenschaft etabliert, hat sie einerseits den Anspruch die Funktionslogik von Demokratie ideell zu unterfüttern. Themen wie Gewaltenteilung, Föderalismus oder bürokratischer Verwaltungsapparat verweisen damit auf das politische System der BRD und bilden einen politiktheoretischen Kanon, der aufgrund seiner stabilisierenden Funktion potentiell destabilisierende Fragen um Race, Class und Gender oder aktuelle Debatten auslässt. Vermag andererseits ein Überblick, der die Pluralität und Unterschiedlichkeit der Ansätze betont, gegenüber einem legitimatorischen Kanon auf die Breite gesellschaftspolitischer Phänomene sowie theorieinterner Kontroversen vorzubereiten? Statt einem historisch-vertikalen also ein pluralistisch-horizontaler Kanon?
  2. Mündigkeit VS kritisches Bewusstsein: Was in Pädagogiken und Didaktiken eine hinlängliche Debatte ist, scheint in Politischer Theorie zunächst nicht relevant. Was ist das Ziel der Lehre Politischer Theorie? Geht es um die bloße Reproduktion der Lehrmeinung (und gesellschaftlicher Kräfteverhältnisse), die Hinführung zur forschungspraktischen Modellbildung oder um eine kritische/skeptische Haltung mit Blick auf Wahrheiten und Wirklichkeiten, wie sie bspw. in der akademischen Philosophie zu lehren versucht wird? Mit anderen Worten: Soll der Lernende der Politischen Theorie den Status quo erhalten oder dazu in der Lage sein, diesen (auch) zu hinterfragen? Oder mit Rancière gesprochen: Handelt es sich um eine Politische Theorie der Polizei oder eine der Politik?
  3. Lehrmeinung VS Rezipient*innenorientierung: Was muss man über Politische Theorie wissen? Eine Antwort liefert oft eine Entscheidung von Lehrenden, die alles andere als unwissende Lehrmeister*innen sind. Zumeist lehren sie das, was ihrer Überzeugung, ihrer Forschung, ihrer Lehrmeinung, ihrem Gusto etc. entspricht. Junge Studierende, denen das Feld Politischer Theorien jedoch noch gänzlich unbekannt ist, erfahren hierbei eine politiktheoretische Grundbildung, deren immanent wissenschaftspolitischen Charakter sie kaum kennen können. Aber kann man die Lehre Politischer Theorie auch von den Rezipient*innen aus denken? Sollte die Lehre vielleicht zum Ziel haben, die Politische Theorie aus einem Praxisverständnis heraus zu erschließen? (Und wäre das, wie wir gesehen haben, eine Politische Theorie die das Politische ernst nimmt?)

Die Frage nach dem Charakteristischen der Lehre Politischer Theorie ist eine politische. Entlang der drei Spannungsfelder wird ersichtlich, wie sich stets spezifische Lehrformate durchsetzen, ohne, dass diese den Kern der Lehre zu erfassen im Stande sind. Womöglich liegt aber genau in diesem Zerwürfnis eine vage Antwort: Ist es nicht gerade die Politische Theorie, die die Lehre zum Politikum werden lassen kann? Vielleicht indem sie Theorie auf eine Weise lehrt, die das Politische auf den Plan ruft und es zugleich (be)greifbar werden lässt?

Die Frage nach dem Charakteristischen der Lehre Politischer Theorie ist eine politische. Entlang der drei Spannungsfelder wird ersichtlich, wie sich stets spezifische Lehrformate durchsetzen, ohne, dass diese den Kern der Lehre zu erfassen im Stande sind. Womöglich liegt aber genau in diesem Zerwürfnis eine vage Antwort: Ist es nicht gerade die Politische Theorie, die die Lehre zum Politikum werden lassen kann? Vielleicht indem sie Theorie auf eine Weise lehrt, die das Politische auf den Plan ruft und es zugleich (be)greifbar werden lässt?

Lehrpreise für Julia Reuschenbach

Julia Reuschenbach ist nicht nur eine der SprecherInnen des AK Hochschullehre, sie ist auch eine exzellente Hochschullehrerin. (Dass es zwischen diesen beiden Dingen einen kausalen Zusammenhang gibt, wird wohl niemand bestreiten.) Im Kreis des AK weiß man das natürlich schon lange, aber nun haben es kurz hintereinander auch noch ihre Studierenden und ihre Universität festgestellt und ihr dafür gleich zwei Lehrpreise verliehen.

Bereits 2018 erhielt Julia den Lehrpreis der Fachschaften Politik und Soziologie der Universität Bonn für ihre innovativen und praxisorientierten Lehrveranstaltungen. Gewürdigt wurde außerdem ihr außergewöhnliches Engagement in der Beratung und Betreuung von Studierenden auch über die Lehrveranstaltungen hinaus sowie ihre vielfältigen Beiträge zu Veranstaltungen des Instituts, z.B. Exkursionen und Angebote für Erstsemester.

Dies wurde jetzt im Juli 2019 durch einen Lehrpreis der Universität ergänzt. Die Uni Bonn vergibt ihre Preise nach Fakultäten getrennt und Julia ist eine von vier PreisträgerInnen der Philosophischen Fakultät. Anlass hierfür war ihr Engagement in der Entwicklung und Erprobung neuer Studiengangsformate und der Etablierung berufsbegleitender Studiengänge (nämlich des Weiterbildungs-MA Politisch-Historische Studien). Hervorgehoben wurden auch ihre anspruchsvollen, gleichzeitig aber kurzweiligen und interessanten Lehrveranstaltungen, in denen sie eine Vielzahl von Lehrmethoden einsetzt.

Im Namen des gesamten AK unseren herzlichen Glückwunsch, Julia!

Blogserie „Hochschullehre in der Politischen Theorie und Ideengeschichte“

Ich bin sehr stolz, erstmals in der Geschichte dieses Blogs eine Blogserie ankündigen zu können! In den kommenden Wochen und Monaten werden wir mehrere Texte zur Hochschullehre in der Politischen Theorie und Ideengeschichte veröffentlichen. Wie man dies unschwer erkennen kann, handelt es sich dabei um Beiträge zum Workshop gleichen Namens, der Anfang Mai in Hamburg stattgefunden hat und von dem wir bereits kürzlich einen ausführlichen Bericht lesen durften. Ich bedanke mich bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Hamburger Workshops für ihre Bereitschaft, Texte für diese Serie zur Verfügung zu stellen, und bei Dannica Fleuß für die Vermittlung.

Damit sollen Überlegungen fortgesetzt werden, die bereits bei mehreren Jahrestagungen in Gesprächen am Rande geführt wurden. Es ging dabei immer wieder um die Frage, ob sich die Lehre in den Teildisziplinen der Politikwissenschaft in systematischer Weise voneinander unterscheidet und wo die Gemeinsamkeiten einer politikwissenschaftlichen Lehrkultur liegen. Dies war auch der Ansporn für den Open Space „Wer sind wir und wenn ja wie viele?“, den ich bei der letzten Jahrestagung in Münster organisiert hatte. Die Kolleginnen und Kollegen aus der Politischen Theorie und Ideengeschichte sind den anderen Teilbereichen in dieser Frage schon etwas voraus und haben sich vernetzt, um über diese Fragen nachzudenken.

Den Anfang der Blogserie macht ein Beitrag von Michael Haus, der über seine Erfahrungen mit einer Lehrveranstaltung reflektiert, in der politische Theorien anhand von Filmen erschlossen wurden. Weitere Beiträge erscheinen dann in unregelmäßiger Folge.

„Hochschullehre in der Politischen Theorie und Ideengeschichte – Selbstverständnisse, Praxis, Perspektiven“ – ein Workshopbericht

Dies ist ein Gastbeitrag von Andreas Busen, Dannica Fleuß und Alexander Weiß.

 

Am 10. und 11. Mai 2019 fand an der Universität Hamburg der Workshop „Hochschullehre in der Politischen Theorie und Ideengeschichte – Selbstverständnisse, Praxis, Perspektiven“ statt. Der Workshop mit ca. 20 Teilnehmern wurde von Andreas Busen (Universität Hamburg), Dannica Fleuß (Helmut-Schmidt-Universität Hamburg) und Alexander Weiß (Leuphana-Universität Lüneburg) mit Unterstützung des Arbeitskreises Hochschullehre der DVPW organisiert. An zwei Tagen diskutierten die Teilnehmer auf Basis von Impulsvorträgen der Teilnehmenden und eines hochschulöffentlichen Roundtables Fragen nach spezifischen Zielsetzungen und Herausforderungen politikwissenschaftlicher Lehre in der Theorie und Ideengeschichte sowie Anwendungsbeispiele aus der Lehrpraxis.

Im Anschluss an eine Begrüßung seitens des Organisationsteams setzte sich das erste Panel mit Selbstverständnissen der Politischen Theorie als politikwissenschaftlicher Sub-Disziplin, den entsprechenden Selbstverständnissen Theorielehrender sowie Zielsetzungen der Hochschullehre Politischer Theorie auseinander. Den Auftakt machten Frederik Metje und Simon Rettenmeier (beide: Universität Kassel), die in ihrem Vortrag „Über die Schizophrenie des Lehrens in der Politischen Theorie“ drei Fragekomplexe aufzeigten, die eine reflektierte Theorielehre adressieren müsse: Soll Theorielehre das Bildungsziel verfolgen, kanonisches „ideengeschichtliches“ Wissen zu vermitteln oder Studierende in Anbetracht dynamischer gesellschaftlicher Entwicklungen verstärkt auf gesellschaftliche und theorieinterne Kontroversen vorbereiten? Sollen die jeweiligen Ziele vor allem mit lehrenden- oder lernendenzentrierten Methoden erreicht werden? Und wie „neutral“ bzw. politisch engagiert kann und soll Theorielehre dabei sein?

Die Implikationen von Digitalisierung für die Beantwortung dieser Fragen diskutierte Gary S. Schaal (Helmut-Schmidt-Universität Hamburg). Schaal plädierte in seinen Ausführungen zum Thema „Lehre in der Politischen Theorie unter veränderten Kontextbedingungen: Gesellschaftliche Digitalisierung und digitale Medien“ dafür, dass Digitalisierung zu tiefgreifenden Veränderungen gesellschaftlicher Strukturen führt und damit auch eine grundsätzliche Anpassung des politiktheoretischen Curriculums erfordert. Zudem thematisierte der Vortrag die digitalisierungsinduzierten Chancen und Herausforderungen für didaktische Strategien der Lehrenden.

Für den Bereich der ideengeschichtlichen Lehre haben Rieke Trimcev und Lisa Klingsporn (beide Universität Greifswald) unter dem Titel „Politische Ideologien lehren – Ideengeschichte mit Praxisbezug in der Studieneingangsphase“ an gemeinsame Seminarerfahrungen angeschlossen. Sie schlagen (in Anlehnung an den Ansatz von Michael Freeden) ein Seminarformat vor,  das ‚politische Ideologien‘ thematisiert und ein Format aus der politischen Didaktik als Gedankenexperiment für die Didaktik in der Ideengeschichte übernimmt: In einer ‚Dorfgründung‘ haben Studierende zunächst Gründungssituationen politischer Gemeinschaften simuliert und anschließend auf spielerische Weise politiktheoretisch reflektiert: Was würde bspw. Edmund Burke vorschlagen, wenn er in das Dorf käme?

Den Abschluss des ersten Tages bildete die von Andreas Busen moderierte hochschulöffentliche Podiumsdiskussion zum Thema „Herausforderungen und Perspektiven der Lehre Politischer Theorie und Ideengeschichte“ mit Svenja Ahlhaus, Olaf Asbach (beide Universität Hamburg), Gary S. Schaal und Frieder Vogelmann (Goethe-Universität Frankfurt a.M.). Der Schwerpunkt der kontroversen Debatte lag auf dem Selbst- und Aufgabenverständnis politischer Theorie sowie den didaktischen Positionen, die sich aus den jeweiligen Verständnissen ergeben.

Am zweiten Tag wurden im Panel „Praxisberichte und Lehr-Lern-Konzepte“ anhand von erfolgreich durchgeführten Seminaren didaktische Konzepte vorgestellt und diskutiert. Anne Cornelia Kenneweg (Agentur für Lehrkultur, Leipzig) kommentierte die vorgestellten Lehr-Lernkonzepte aus hochschuldidaktischer Perspektive.

Christian Welniak (Deutsche Gesellschaft für Demokratiepädagogik) und Alexander Weiß (Leuphana Universität Lüneburg) haben mit ihrem Beitrag „Demokratietheorie und Demokratiepädagogik“ die inhaltliche Verzahnung von Demokratietheorie und Erziehungswissenschaft zum Strukturprinzip eines Seminars in der LehrerInnenausbildung gemacht. Demokratietheoretische Positionen wurden dabei jeweils auf ihre explizite oder implizite Erziehungsdimension untersucht und demokratiepädagogische Formate auf ihren Demokratiebegriff abgefragt.

Mit „Politische Theorie und Film – Reflexion einer Lehrveranstaltung“ präsentierten Michael Haus und Esther Lehnardt (beide Universität Heidelberg) ein Seminarformat, das Spielfilme als didaktisches Mittel und als politiktheoretischen Reflexionsgegenstand integrierte. Anhand exemplarischer Filme und politischer Theorien illustrierten die Vortragenden, wie Filme in diesem Seminar einerseits der Vermittlung politiktheoretischer Topoi dienten, andererseits selbst als Objekte politiktheoretischer Interpretation und Analyse fungierten.

Dannica Fleuß nahm mit „Normative politische Theorie in Deutschland und Tansania lehren“ eine interkulturell vergleichende Perspektive auf didaktische Herausforderungen und Formate der Lehre Politischer Theorie ein. Im Zentrum stand dabei die Reflexion von Lehrveranstaltungen im Rahmen eines Co-Teaching Projekts an der University of Dar es Salaam, in denen sie Fragen der Geschlechtergleichheit und Religionskritik in verschiedenen Lehr-Lern-Settings adressierte.

In der Abschlussdiskussion wurde angesichts der Eindrücke des zweitägigen Workshops von den TeilnehmerInnen einstimmig ein Bedarf an einer weitergehenden Diskussion der verhandelten Themen konstatiert und ein klares Interesse an einer Fortführung des Austauschs bzw. der Kooperation bekundet.

DVPW-Thementagung „Wie relevant ist die Politikwissenschaft?“ – Call for Papers

Der AK Hochschullehre veranstaltet gemeinsam mit dem AK Politik und Geschichte, dem AK Politik und Kommunikation, dem AK Politik und Kultur sowie der Sektion Regierungssystem und Regieren die erste DVPW-Thementagung zum Thema “Wie relevant ist die Politikwissenschaft?”. Die Tagung findet am 12.-14. Dezember 2019 an der Universität Frankfurt statt, wo sie vom Cluster Normative Ordnungen und dem Institut für Politikwissenschaft gemeinsam organisiert wird.

Beiträge zur Tagung können bis zum 1. September eingereicht werden. Weitere Details entnehmen Sie bitte dem Call for Papers.

Leseproben aus der Kleinen Reihe Hochschuldidaktik Politik

Wir freuen uns, für alle vier bisher erschienen Bände der Kleinen Reihe Hochschuldidaktik Politik Leseproben veröffentlichen zu können. Wenn Sie also wissen möchten, was Petra Stykow mit „Lehrenlernenprüfenlernenlehren“ meint, dann schauen Sie dort einmal herein. Die Leseproben finden Sie auf der Seite unserer Buchreihe und hier:

Matthias Freise (2018): Forschendes Lernen in der politikwissenschaftlichen Hochschullehre: Leseprobe

Petra Stykow (2018): Prüfen in politikwissenschaftlichen Studiengängen: Leseprobe

Markus Gloe (2018): Kompetenzorientierung in der politikwissenschaftlichen Hochschullehre: Leseprobe

Lasse Cronqvist (2018): Wissenschaftliches Schreiben in der politikwissenschaftlichen Hochschullehre: Leseprobe

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Ergebnisse einer Absolvent*innenstudie von Masterstudiengängen der Friedens- und Konfliktforschung

Seit 2002 sind in Deutschland und Österreich mehrere Studienangebote in der Friedens- und Konfliktforschung (FKF) geschaffen worden. Diese vermitteln Studierenden analytische und praktische Kompetenzen, um sie für friedens- und konfliktrelevante Berufsfelder zu qualifizieren. Wie gut dies gelingt, ist jedoch bislang lediglich in standortbezogenen Evaluationen erforscht worden. Um zu robusteren Ergebnissen über das Feld FKF zu kommen, wurde im Herbst 2017 in einem gemeinsamen Projekt von Wissenschaftler*innen von sieben Universitäten (Duisburg-Essen, Frankfurt a. M./Darmstadt, Hamburg, Innsbruck, Konstanz, Magdeburg und Tübingen) eine gemeinsame Absolvent*innenstudie von Masterstudiengängen aus dem Bereich Friedens- und Konfliktforschung durchgeführt. Der entsprechende Artikel von Patricia Schneider (IFSH) und mir ist gerade in der Zeitschrift für Friedens- und Konfliktforschung erschienen (link) (frei zugänglicher preprint).

An der Befragung nahmen insgesamt 352 Absolvent*innen teil, davon waren 59,7% weiblich, 72,9% haben die deutsche Staatsbürgerschaft. Die Befragten arbeiten in einer Reihe unterschiedlicher Branchen, von denen keine deutlich überwiegt, und sind in sehr vielfältigen Tätigkeitsbereichen eingesetzt.

74,5% der Befragten arbeiten auf Vollzeitstellen. Allerdings ist der Anteil befristeter Verträge mit 60% relativ hoch, wobei es hier eine hohe Varianz zwischen verschiedenen Branchen gibt.

Die Wahrscheinlichkeit einer unbefristeten Beschäftigung steigt, je länger die Absolvent*innen im Berufsleben sind. Relativ wenige Befragte sind derzeit arbeitslos (35 Personen), wobei dies auch Befragte in Elternzeit, Weiterbildungen und Promotionsphasen umfasst.

Aus unserer Sicht als Koordinator*innen der jeweiligen Studiengänge besonders erfreulich ist die positive Einschätzung der Studiengänge. Zwei Drittel der Absolvent*innen (67,0%) schätzen die im Masterstudium erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten für eher oder sehr relevant für ihre derzeitige berufliche Tätigkeit ein.

Bei der Jobsuche waren insbesondere Stellenausschreibungen sowie Hinweise durch Kontakte wertvoll. Wir hatten die Absolvent*innen außerdem gebeten, die Bedeutsamkeit bestimmter Elemente des Studiums für ihre erfolgreiche Stellensuche auf einer Viererskala einzuschätzen.

Wir interpretieren diese Ergebnisse wie folgt:

  • Es gibt Hinweise darauf, dass Arbeitslosigkeit ein seltenes Phänomen unter den Befragten ist, das vor allem Absolvent*innen kurz nach dem Abschluss betrifft. Arbeitslosigkeit tritt teils aufgrund selbst gesetzter Präferenzen oder Limitierungen auf, jedoch nicht aufgrund mangelnder Qualifikation. Je länger der Abschluss zurückliegt, desto seltener ist die Arbeitslosigkeit.
  • Analog gilt: Je länger der Abschluss zurückliegt, desto größer ist auch der Anteil unbefristeter Tätigkeiten. Generell treffen wir hier auf einen Spiegel des allgemeinen Arbeitsmarktes, z.B. prekäre Verhältnisse, die insbesondere in der Wissenschaft oder Entwicklungszusammenarbeit junge Laufbahnen hart treffen.
  • Laut den Befragten war die thematische Ausrichtung des Masters für die Mehrheit hilfreich bei der Stellensuche. Es ist jedoch unklar, ob dies eine spezifische Nachfrage nach FKF-Expertise darstellt. Angesichts der unspezifischen und generalistischen Berufsbilder für Politikwissenschaftler*innen und Soziolog*innen erscheint es jedoch wahrscheinlicher, dass unsere Absolvent*innen mit anderen sozialwissenschaftlichen Absolvent*innen um dieselben Arbeitsstellen konkurrieren. Dies wäre jedoch noch arbeitgeberseitig zu untersuchen.
  • Die Absolvent*innen brauchen für ihre spätere Berufspraxis auch relativ fachunspezifische Kompetenzen, wie z.B. Organisationskompetenz und Fähigkeiten im Projektmanagement.
  • Absolvent*innen billigen ihren Studieninhalten auch rückblickend mehrheitlich berufliche Relevanz zu. Es gelingt also gut, Absolvent*innen auf den Arbeitsmarkt vorzubereiten. Auch hier wären weitere Untersuchungen, z.B. aus Arbeitgeberperspektive, instruktiv.
  • Absolvent*innen betonen die Wichtigkeit von Praktika und außeruniversitärem Engagement für ihre erfolgreiche Stellensuche. Studiengänge ohne verpflichtende Praktika sollten daher überlegen, wie sie Studierenden ermöglichen können, entsprechende Praxiserfahrungen zu sammeln.

Die Ergebnisse zeichnen ein insgesamt positives Bild – die Absolvent*innen arbeiten mehrheitlich in anspruchsvollen, wissensintensiven Berufsfeldern, auf die sie sich durch ihr Masterstudium angemessen vorbereitet fühlen. Unsere Ergebnisse legen nahe, dass es den untersuchten Studiengängen gut gelingt, den Studierenden eine angemessene Mischung an fachspezifischen Fähigkeiten, inhaltlichem Wissen und fachunspezifischen Kompetenzen zu vermitteln. Dennoch sollte die Überprüfung und Weiterentwicklung der Studienangebote auch weiterhin im Fokus der Studienleitungen stehen. Zum anderen sollten die Studierenden darauf vorbereitet werden, dass sie zwar häufig reguläre Arbeitsverträge in Vollzeit erwarten, diese aber oft befristet sind, insbesondere in der Berufseinstiegsphase, und unkonventionelle Beschäftigungsformen oder kurze Phasen der Arbeitslosigkeit nicht ungewöhnlich sind.