Dies ist ein Gastblog von Julia Reuschenbach (Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn).
Ein Bericht von einer Gesprächsrunde mit Vertreter/innen der Fachvereinigungen im Rahmen des Forschungsprojekts „Externe und interne Qualitätssicherung von Studium und Lehre durch Akkreditierungs- und Evaluationsverfahren“ (EIQSL) des International Centre for Higher Education Research
Am 27. September 2017 fand an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg ein Workshop des International Center for Higher Education Research der Universität Kassel statt. Ziel des Workshops war es, in verschiedenen Gesprächsrunden unterschiedlicher Statusgruppen die Zwischenergebnisse des Forschungsprojekts „Externe und interne Qualitätssicherung von Studium und Lehre durch Akkreditierungs- und Evaluationsverfahren“ (EIQSL) zu diskutieren.
Als Sprecherin der Themengruppe Hochschullehre habe ich auf Einladung für unsere Untergliederung an der Gesprächsrunde mit Vertreterinnen und Vertretern der Fachvereinigungen teilgenommen. Am Gespräch waren mehrheitlich mathematisch-naturwissenschaftliche Fachvereinigungen beteiligt, aus den Geistes- und Sozialwissenschaften waren neben mir Vertreter der Soziologie sowie der Sozialen Arbeit anwesend. Die Ergebnisse werden in vollständig anonymisierter Form veröffentlicht, sodass auch hier nur eine allgemeine und nicht fach- oder personenspezifische Berichterstattung erfolgen kann.
In mehreren Themenrunden widmete sich die Gruppendiskussion der Frage nach Vor- und Nachteilen der geplanten künftigen Struktur von Akkreditierungsverfahren, insbesondere dem Themenfeld Systemakkreditierung. Daneben lag ein Schwerpunkt des Gesprächs auf den unmittelbaren Auswirkungen von Akkreditierungsverfahren für Studium und Lehre, sowie bei der Frage, wie Akkreditierungsverfahren tatsächlich „gute Lehre“ befördern können. Aus den Wortbeiträgen wurde deutlich, dass viele Fachvertreter/innen umfangreiche persönliche Erfahrungen mit Akkreditierungsverfahren gemacht haben, die weit überwiegend positiv bewertet wurden. Zugleich wurde festgestellt, dass der wirkliche Output solcher Verfahren gering ist und an nicht wenigen Hochschulen die Akkreditierung als reine „Bestehenshürde“ angesehen wird und somit nicht ein intrinsisches Interesse an einer reflektierenden Betrachtung und Weiterentwicklung von Studiengangskonzepten damit verbunden wird. Mithin scheinen Akkreditierungen oftmals als lästige Pflicht und selten als eine sinnvolle Maßnahme des Qualitätsmanagements wahrgenommen zu werden. Zugleich ließ die Diskussion erkennen, dass keine Einigkeit darüber herrscht, für wen diese Verfahren eigentlich betrieben werden. Dienen die Debatten über Credits, Studierbarkeit und ähnliches nicht in erster Linie den Studierenden? Oder betreiben wir Akkreditierungsverfahren für uns (Lehrende, Hochschulen allgemein), um herauszufinden, wie die Qualität unserer Studiengänge zu bewerten ist? Es besteht die starke Vermutung, dass Studierende den „Output“ solcher Verfahren kaum bis gar nicht wahrnehmen: Werden Modulhandbücher von Studierenden gelesen? Unterscheiden Studieninteressenten bei der Wahl ihres Studiengangs zwischen akkreditierten und nicht akkreditierten Studiengängen? Die Zwischenergebnisse des Forschungsprojekts werden demnächst veröffentlicht und liefern nicht nur zu diesen Fragen interessante neue Erkenntnisse.
Im Themenkomplex „gute Lehre“ wurde schnell deutlich, dass fächerübergreifend ein stärkeres „bottom up“-Verfahren als sinnvoll erachtet wird. Ideen zur guten Lehre und deren Förderungen müssen in erster Linie in den Hochschulen selbst entstehen. In der Diskussion wurden interessante Beispiele anderer Hochschulen erwähnt, so etwa monatliche „Roundtables“ mit Studierendenvertretern rund um das Thema Lehre oder „Lehrkonferenzen“ aller Fächer einer Fakultät einmal im Semester, die durchaus an anderen Standorten und auch in anderen Fächern Schule machen könnten. Stark befürwortet wurde außerdem die Implentierung hochschuldidaktischer Angebote für neue wie erfahrene Lehrende, die allerdings den Lehrenden auf Augenhöhe begegnen müssen. Bis dato wird der Mehrwert solcher Angebote an nicht wenigen Hochschulen als eher gering angesehen. Lehrende fühlen sich, so einige Fachvertreter/innen, häufig nicht ernst genommen. Zugleich erfahren die Angebote auf Seiten von Vorgesetzten, ebenfalls fächerübergreifend, wenig Wertschätzung. Zeit, die in solchen Angeboten verbracht wird, muss von Mitarbeiter/innen des akademischen Mittelbaus sowie von interessierten Professorinnen und Professoren an anderer Stelle gespart werden, Kompensationen finden nicht statt. Dies führt nicht selten dazu, dass die Angebote letztlich doch nicht wahrgenommen werden. Für Akkreditierungsverfahren bestand Einigkeit darüber, dass in diesen Instrumentarien und Werkzeuge zur „guten Lehre“ nachhaltiger erfragt und überprüft werden könnten und über die Feststellung des Vorhandenseins von Fragebögen zur Lehrevaluation hinausgehen sollten. Vielmehr sollten Hochschulen wie auch in Bereichen von Curriculum und Studierbarkeit, auch für das Themenfeld Hochschullehre schlüssige Konzepte vorlegen müssen.
Überwiegend kritisch wurde die Initiative betrachtet, dass Hochschulen sich künftig sog. „Lehrverfassungen“ geben sollen. Hier zweifelten nicht wenige Teilnehmer/innen, ob es sich dabei letztlich nicht um Phrasendrescherei handele, die ohne konkrete Umsetzung in die Praxis absolviert werde. Hochschulen müssten vielmehr selbst Gesprächsanlässe zum Austausch über Lehre schaffen und über diese Wege, sowie in Berufungsverfahren und an anderer Stelle für eine stärkere Wertschätzung guter Lehre eintreten.
Insgesamt bot die Gesprächsrunde interessante Einblicke in sehr unterschiedliche Fächerkulturen und spannende Anregungen für künftige Diskussionen und Veranstaltungen rund um das Thema Hochschullehre. Wir werden über den Blog der Themengruppe auf die Veröffentlichung der Zwischenergebnisse des Forschungsprojekts hinweisen, sobald diese vorliegen.