In der letzten Vorlesungssitzung Anfang Februar haben wir die Studierenden noch einmal ausführlich zu ihren Erfahrungen befragt. Zum einen haben wir dabei Fragen aus dem Pre-Class Survey vom Vorlesungsbeginn wiederholt, zum anderen aber eine Reihe neuer Fragen zu ihrer Einschätzung des Inverted Classroom, zu Lernverhalten etc. gestellt.
Mit der Auswertung des Rücklaufs haben wir gerade erst begonnen und ein paar einfache deskriptive Statistiken zusammengestellt, die wir in ein Papier eingebaut haben, das Caroline Kärger dieser Tage bei der Jahrestagung der International Studies Association in New Orleans vorstellt. (Das Paper kann hier heruntergeladen werden – über Kommentare freuen wir uns sehr.) Eine genauere Auswertung folgt dann in den nächsten Monaten.
Einen kurzen Einblick in ein paar Ergebnisse will ich aber jetzt schon einmal geben (das N bewegte sich je nach Frage zwischen 40 und 42).
Zunächst hatten wir die Studierenden gebeten, ihre bisherigen Lehrveranstaltungen, die als Vorlesungen gehalten wurden, auf einer 5er-Skala von „sehr gut“ bis „mangelhaft“ zu bewerten. Die Antworten fielen wie folgt aus:
1 |
2 |
3 |
4 |
5 |
0% |
41% |
53,8% |
5,1% |
0% |
Zum Vergleich hier die Bewertung unserer Lehrveranstaltung:
1 |
2 |
3 |
4 |
5 |
15% |
57,5% |
25% |
2,5% |
0 % |
Insgesamt fällt die Bewertung unserer Veranstaltung etwas besser als die anderer Vorlesungen aus, mit einer Durchschnittsnote von 2,15 im Vergleich zu 2,64. Es ist dabei nicht ganz klar, welche Vorlesungen hier als Referenz dienen. Zwar studieren über 90% der Befragten im BA Politikwissenschaft, überwiegend im fünften oder einem höheren Fachsemester, es lässt sich aber keine klare Vergleichsgruppe von Lehrveranstaltungen identifizieren, zumal der BA Politikwissenschaft gewisse Wahlmöglichkeiten offenlässt, in welcher Reihenfolge bestimmte Module besucht werden.
Die Studierenden gaben außerdem mehrheitlich an, dass die Veranstaltung einen guten oder sehr guten Lerneffekt gehabt hätte. Auf einer Skala des Lerneffekts von „sehr niedrig“ bis „sehr hoch“ verteilen sich die Antworten wie folgt:
Sehr niedrig |
Niedrig |
Teils-teils |
Hoch |
Sehr hoch |
0% |
7,5% |
32,5% |
45% |
15% |
Auch dies ist ein relativ erfreuliches Ergebnis, aber bei allen Fragen muss man natürlich bedenken, dass wir die Befragung in einer Präsenzsitzung durchgeführt haben, an der nur ein knappes Viertel der Studierenden teilgenommen hat. Mit anderen Worten fand hier eine Selbstselektion der Befragten statt, die die Ergebnisse möglicherweise verzerrt.
Im Vergleich mit der traditionellen Vorlesung geht aber die Einschätzung der Studierenden weit auseinander. Beispielsweise bei der Frage, ob die Studierenden glauben, dass sie in diesem Kurs im Inverted Classroom-Format mehr über internationale Beziehungen gelernt haben als es bei einer klassischen Vorlesung der Fall gewesen wäre.
Stimme gar nicht zu |
Stimme nicht zu |
Weder- |
Stimme zu |
Stimme voll und ganz zu |
10,5% |
31,6% |
15,8% |
23,7% |
18,4% |
Ähnlich sieht es aus, wenn man die Studierenden fragt, ob sie bei ihren künftigen Lehrveranstaltungen, die laut Prüfungsordnung Vorlesungen sein sollen, das
Inverted Classroom-Format der klassischen Vorlesung vorziehen würden.
Stimme gar nicht zu |
Stimme nicht zu |
Weder- |
Stimme zu |
Stimme voll und ganz zu |
22,5% |
17,5% |
15% |
32,5% |
12,5% |
Hier zeigen sich sehr unterschiedliche studentische Sichtweisen zum Inverted Classroom, denen wir in der nächsten Zeit noch weiter nachgehen möchten. Die Fragebögen liefern ausreichend Daten, um Gruppen von Studierenden nach ihren Lernstrategien und Einstellungen zu Lehre und Studium zu unterscheiden. Möglicherweise ist der Inverted Classroom attraktiver für autonom Lernende oder „bessere“ Studierende, die sich leichter eigenständig mit neuem Material befassen können. Vielleicht ist auch der deutlich höhere Arbeitsaufwand im Inverted Classroom für manche Studierende unattraktiv.
Man darf dabei auch nicht vergessen, dass der Inverted Classroom für unsere Studierenden ein gewisser Kulturschock war. Die meisten von ihnen waren sehr „vorlesungs-erfahren“ und hatten kein grundsätzliches Problem mit einer traditionellen Vorlesungsdidaktik – diesen Studierenden haben wir ein deutlich höheres Maß an Engagement und Aktivität abverlangt.